Finalisten für den ZKB Pionierpreis Technopark 2022 stehen fest

Einer der Anwärter auf den ZKB Pionierpreis: Lumiphase aus Kilchberg. (Foto: zvg)

Zürich – Die Jury hat entschieden: Isochronic aus Denges (VD), LifeMatrix Technologies aus Zürich und Lumiphase aus Kilchberg (ZH) sind die Finalisten des ZKB Pionierpreises Technopark 2022. Der Sieger wird am 10. Mai 2022 im Technopark Zürich bestimmt.

Bei der Verleihung des ZKB Pionierpreises Technopark am 10. Mai 2022 stehen die Gründer und Teams aller drei Finalisten auf der Bühne. Jedes der Start-ups Isochronic AG, LifeMatrix Technologies AG und Lumiphase AG wird bei dem Festanlass im Technopark Zürich ausgezeichnet werden. Aus gutem Grund, denn in allen drei Unternehmen haben Forscher, Ingenieure oder Ärzte komplett neue Technologien entwickelt und damit einen Paradigmenwechsel in ihrer jeweiligen Industrie eingeleitet. Zwei Finalisten werden dafür einen Scheck über knapp zehntausend Franken erhalten. Wer von den dreien den mit fast 100 000 Franken dotierten ZKB Pionierpreis Technopark 2022 erhält, erfahren alle Beteiligten erst auf der Bühne…

Isochronic AG – Kontinuierliches Aussortieren statt «pick and place»
«Pick and place», also das Erfassen und Umplatzieren von Objekten, ist seit jeher eine Standardoperation von Industrierobotern in Umgebungen wie etwa der Lebensmittelproduktion, der Pharmaindustrie oder auch der Elektronik. Herkömmliche Roboter nehmen sich dabei ein Objekt nach dem anderen in serieller Reihenfolge vor. Die Gründer des jungen Schweizer Industrieunternehmens Isochronic AG aus Denges VD haben sich zum Ziel gesetzt, die limitierenden Faktoren der aktuellen Pick-and-place-Roboter zu überwinden, und ein neues System entwickelt. Es bewegt Teile nicht mehr sequenziell, sondern parallel, also statt nur einem mehrere gleichzeitig. Das neue System hat nicht mehr nur einen Arm mit einem einzigen Pick-Kopf, sondern einen breiten Hauptträger auf dem ein bis vier Schienenpaare montiert sind. Auf diesen Schienen können dann mehrere Pick-Köpfe gleichzeitig aktiv sein und in entgegengesetzte Richtung fahren, ohne dass ein Kollisionsrisiko bestünde. Zudem ist der gesamte Hauptträger dank rotierender Aufhängungen auch horizontal drehbar. Diese beiden Innovationen ermöglichen es dem Roboter, an zwei Punkten gleichzeitig aktiv zu sein. Bereits ein einzelner solcher isochroner Industrieroboter ist deutlich leistungsfähiger als herkömmliche Roboter. Und da bei den neuen Robotern weniger Masse bewegt werden muss, sinken Energie- und Betriebskosten. Die kompakte Grösse der Systeme hilft zudem Platz sparen, sodass bestehende Werkhallen effizienter genutzt werden können.

LifeMatrix Technologies AG – Biomimetische Implantate
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit nach wie vor die Haupttodesursache. Um missgebildetes oder krankes kardiovaskuläres Gewebe zu ersetzen, werden jedes Jahr Millionen von Implantaten wie künstliche Blutgefässe und Herzklappen eingesetzt. Den derzeit für Implantate verwendeten Materialien fehlen allerdings grundlegende Eigenschaften des menschlichen Gewebes. Insbesondere können sie weder mit dem Körper mitwachsen noch sich regenerieren. Bei der LifeMatrix Technologies AG, einem Spin-off der Universität Zürich, haben Wissenschaftlerinnen und Ärzte gemeinsam in jahrelanger Forschung eine einzigartige biomimetische Gewebetechnologie entwickelt, um Implantate herzustellen, die sich in lebendes Gewebe verwandeln, wie es an der eingesetzten Stelle benötigt wird. Als Ausgangsmaterial dienen biologisch abbaubare Polymergerüste, die sich in beliebiger Form und Grösse herstellen lassen und den Implantaten geometrische Struktur und mechanische Stabilität verleihen. In einem Bioreaktorsystem werden menschliche Spenderzellen auf dem Polymergerüst ausgesät, die sich ausbreiten und miteinander in Aktion treten. Im Laufe von etwa 15 Tagen bauen die Zellen eine neue extrazelluläre Matrix aus Proteinen und Collagenstrukturen auf, wobei die Polymerstruktur als anfängliches Leitgerüst dient und sich mit zunehmendem Gewebeaufbau kontinuierlich auflöst.

Im nächsten, äusserst heiklen Schritt werden die ursprünglichen Zellen entfernt. Zurück bleibt die neu gebildete, humane extrazelluläre Matrix (mit dem Polymergerüst darunter) als dreidimensionale, poröse, kollagenbasierte Struktur – das Implantat, die sogenannte LifeMatrix. Das neu entstandene, zellfreie Gewebe verursacht keine Immunreaktion und kann daher bei jedem Patienten eingesetzt werden – entweder chirurgisch implantiert oder mit minimalinvasiven Verfahren mittels eines Katheters durch die Blutgefässe. Nach der Implantation sorgen der Blutstrom und das umgebende Gewebe dafür, dass körpereigene Zellen die LifeMatrix-Struktur infiltrieren und durchwachsen. So entsteht – ganz ähnlich wie beim Verheilen einer Wunde – das richtige körpereigene Gewebe im richtigen Umfang an der richtigen Stelle. Das Polymergerüst hingegen löst sich schliesslich komplett auf. So ersetzt der Körper das LifeMatrix-Implantat im Laufe der Zeit durch neues, lebendes und gesundes Gewebe mit all seinen grundlegenden Eigenschaften: Es regeneriert sich und wächst mit dem Patienten mit. Für Kinder mit kardiovaskulären Fehlbildungen bietet deswegen ein einmaliger Eingriff mit LifeMatrix eine lebenslange Lösung.

Der Kongress der europäischen Herz-Thorax- und Gefässchirurgen (EACTS) kürte das LifeMatrix-Implantat mit dem Techno-Award 2019 zur Innovation des Jahres. Was dieses Start-up leiste, so fanden die versammelten Herzchirurginnen und -chirurgen, habe das Potenzial, das ganze Feld der biomimetischen Implantate zu revolutionieren. Am Kinderspital Zürich wird zurzeit eine Studie mit sechs bis zehn Kindern mit Herzfehlern vorbereitet. Wo bisher mit synthetischen Blutgefässen die Verbindung zwischen dem Lungenkreislauf und dem venösen System hergestellt wurde, soll nun erstmals das Potenzial von LifeMatrix-Blutgefässen aufgezeigt werden.

Lumiphase AG – Elektrooptische Prozessoren für kommende Generationen der Kommunikationstechnik
Daten werden heute meist per Glasfaserkabel über grosse Strecken übertragen. Dazu müssen sie vorab von elektrischen in optische Signale umgewandelt werden. Als solche werden sie mit Lichtgeschwindigkeit durch Glasleitungen gejagt und am Ende wieder von optischen Signalen in elektrische zurückgewandelt. Die Transceiver-Module, die für die Umwandlung sorgen, sind allerdings teuer und stromhungrig. Ausserdem haben sie im Hinblick auf Kapazitätssteigerung ihre technologische Grenze erreicht. Die Anfang 2020 gegründete Lumiphase AG aus Kilchberg ZH präsentiert nun eine neue Transceiver-Technologie, mit der sich die Datenübertragungsraten auf Jahre hinaus steigern lassen. Grundsätzlich gilt, dass eine elektrische Spannung an einem siliziumbasierten Halbleiter die Ladungsträgerkonzentration und damit den Brechungsindex des Siliziumkristalls ändert – so entsteht ein elektrooptisches Umwandlungselement. Durch Einbringen von Fremdatomen wie Bor oder Aluminium wird der Halbleiter schneller und leitfähiger, gleichzeitig absorbiert er aber auch immer mehr Licht, was die maximal erreichbare Kommunikationsdistanz verkürzt. In den letzten zehn Jahren wurden die Möglichkeiten auf der Basis von Siliziumkristallen ausgeschöpft. Als neue Materialien bieten sich Lithiumniobatkristalle an, wie sie seit Jahrzehnten für optische Modulatoren bei Transatlantikverbindungen verwendet werden. Sie sind jedoch mehrere Zentimeter gross und teuer. Die Gründer von Lumiphase haben nun in zehnjähriger Entwicklungsarbeit einen nur wenige Nanometer dicken Bariumtitanatkristall entwickelt, dessen Eigenschaften jene von Lithiumniobat um den Faktor zwanzig übertreffen. Die Innovation von Lumiphase umfasst zudem das Verfahren zum Auftragen des Bariumtitanatkristalls auf einen Siliziumträger. Ausserdem wurde auch der erforderliche Schaltkreis konzipiert, sodass eine komplette elektronische Komponente zur Verfügung steht.

Das Start-up mit über 20 Mitarbeitenden ist weltweit das einzige Unternehmen, das ein solches Verfahren von der Herstellung des Kristalls über die Integration mit Silizium bis zum Design der Bauteile anbieten kann. Da erstaunt es nicht, dass neben Investoren und Fördergeldern auch bereits Betreiber grosser Datenzentren zur weiteren Forschung und Entwicklung beitragen, haben sie doch einen kolossalen Bedarf für Transceiver-Module der nächsten Generation. Die Möglichkeit, kostengünstige Verbindungen für die Datenkommunikation zu erstellen, könnte auch dazu beitragen, Regionen zu erschliessen, in denen Internetzugang heute noch Luxus ist. (ZKB/mc/pg)

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