Mark Rüegg, CEO CelsiusPro
Radovan Milanovic
Herr Rüegg, CelsiusPro AG ist auf den Verkauf von individuellen Wetterzertifikaten spezialisiert. Könnten Sie uns einige Basisgrössen des Unternehmens nennen?
CelsiusPro wurde in 2008 gegründet und hat fünf Mitarbeiter. Wir haben über 40 Transaktionen in der in der Schweiz, Deutschland, Holland und UK abgeschlossen. Unsere wichtigsten Segmente sind der Winterdienst, Openairs, Freizeitparks und die Landwirtschaft. Unsere Marketingkampagnen betreffen sowohl den Einzel-, als auch den Grosshandel. Wir decken mit unseren Produkten die Underlyings Temperatur, Regen, Schnee, Wind, Sonnenstunden und Strahlung ab. Unsere angebotenen Optione sind Calls und Puts.
2008 haben Sie Ihr Unternehmen als Startup gegründet. Sie profitieren dabei vom optimalen Timing im Hinblick auf das breiter werdende Bewusstsein des Klimawechsels. Haben sich Ihre Erwartungen in den bisherigen Geschäftsverlauf erfüllt oder sind diese gar übertroffen worden?
Es war sehr schwer vorauszusagen, wie die Nachfrage nach Wetterderivaten im KMU Segment sein wird. Wir hatten zwei grosse Herausforderungen: Eine neue Unternehmung und eine neuartiges Produkt auf dem Markt zu positionieren. Der bisherige Geschäftsverlauf entspricht unseren hohen Erwartungen.
«Wir haben die Bewertung von OTC Wetterderivaten standardisiert und kalibriert. Somit können wir Wetterderivate an Kunden verkaufen und die Risiken «back-to-back» bei der Swiss Re zu kaufen.»
Im September 2008 sind Sie mit Swiss Re eine Partnerschaft für die Wetterderivate eingegangen. Wie sieht diese Partnerschaft konkret aus?
Die Partnerschaft erlaubt uns, ohne Rücksprache mit Swiss Re bestimmte Wetterrisiken zu einem vereinbarten Preis zu verkaufen. Konkret haben wir die Bewertung von OTC Wetterderivaten standardisiert und kalibriert. Somit können wir Wetterderivate an Kunden verkaufen und die Risiken «back-to-back» bei der Swiss Re zu kaufen. Nur so können wir OTC Optionen online anbieten.
Führt die enge Zusammenarbeit zwischen Celsius Pro und der Swiss Re nicht zu grosser Abhängigkeiten? Denn Ihre Dienstleistung würde ideal in die Produktpalette des Rückversicherers mit seinem globalen Vertriebsnetz passen.
Wir sehen gute Synergien in der Kooperation mit der Swiss Re. Die Swiss Re ist schon sehr lange im Wetterbusiness tätig, hat viel Erfahrung, fokussiert sich aber auf sehr grosse Transaktionen. CelsiusPro hat einen KMU und Retail Fokus mit automatisierten Prozessen. Wir agieren wie ein Retail-Aggregator, sammeln die Risiken ein und geben sie weiter an die Swiss Re. Somit bekommt die SR Risiken von einem Bereich den sie selber kaum abdecken würden. Zudem haben wir den Kooperationsvertrag so ausgestaltet, dass die Abhängigkeit nicht zu gross wird.
Über Ihre Homepage können Interessierte, Gesellschaften und Private, Wetterzertifikate erwerben. Welche Schuldnersicherheiten bieten Sie den Erwerbern der Zertifikate?
Wir sichern jedes Zertifikat back-to-back bei der Swiss Re ab, somit trägt CelsiuPro keine Wetterrisiken. Emittent der Zertifikate ist aber CelsiusPro AG mit einem Eigenkapital von über 1 Mio. CHF.
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Der harte Winter 2009/2010 legte die Bauwirtschaft länger als in anderen Wintern lahm. Somit steigen auch die Ausgaben von Schlechtwettergeldern durch die Arbeitslosenkassen. Sind auch öffentliche Institutionen unter Ihren Kunden?
Bis jetzt haben wir keine öffentlichen Institutionen als Kunden. Wir haben Unternehmen aus dem Bereich Winterdienst, die jetzt natürlich sehr froh sind, dass sie das Risiko von einem kalten Winter bei uns abgesichert haben. Bauunternehmen sind bis jetzt noch sehr zurückhaltend. Das erstaunt mich sehr, da das Wetterrisiko in der Baubranche bekannt und offensichtlich ist.
In der Presse war zu vernehmen, dass die Organisatoren des Seenachtsfestes in Rapperswil in 2009 trotz Dauerregens schwarze Zahlen geschrieben haben. Ein Hotel in Saas Fee bietet den Gästen eine «Schönwettergarantie» an und die Lufthansa wirbt mit Sunshine-Tickets. Entsprechen Ihre Wetterzertifikate einem steigenden Bedürfnis oder dienen sie manchen Unternehmen als Werbegag bzw. Rettungsring in der Rezession?
Mit Wetterderivaten lassen sich interessante Marketingkampagnen strukturieren. Neu haben wir Wetter-Marketingkampagnen mit Interdiscount/Nikon und Koenig Grill. Wetterderivate können als Corporate Hedge und als Instrument für eine Marketingkampagne genutzt werden. Die steigende Volatilität des Wetters und das Bedürfnis für ausgeglichene Unternehmensresultate sind die Grundlagen der steigenden Nachfrage nach Wetterabsicherungen. Dass sich mit Wetterderivaten auch interessante Marketingkampagnen strukturieren lassen ist ein für uns interessanter Nebeneffekt.
«Bauunternehmen sind bis jetzt noch sehr zurückhaltend (als Kunden). Das erstaunt mich sehr, da das Wetterrisiko in der Baubranche bekannt und offensichtlich ist.»
Ihre Wetter-Zertifikate eignen sich auch als Spekulationsobjekte. Unterliegen diese dem Artikel 5 des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen KAG als strukturierte Produkte, da Sie die Zertifikate öffentlich anbieten?
Wir strukturieren und verkaufen massgeschneiderte, individuelle OTC Optionen an Kunden. Jede Option ist ein individueller Vertrag geknüpft an Wettermessungen einer ganz bestimmten Wetterstation, Periode, Index und Auszahlungsgrösse. Es handelt sich dabei nicht um eine kollektive Kapitalanlage.
Die Preise der Zertifikate werden unter anderem auf der Basis von Wetter-Statistiken der vergangenen 25 Jahre berechnet. Also auf Werten der Vergangenheit. In Zeiten des Klimawandels verändern sich die Risikoparameter der Preisberechnungen Ihrer Zertifikate, also Ihre Geschäftrisiken. Wie minimieren Sie diese?
CelsiusPro trägt keine Wetterrisiken, sondern hedgt alle verkauften Zertifikate back-to-back. Eine Klimaveränderung wird im Pricing der Zertifikate mit eingerechnet indem ein allfälliger Trend der Wetterdaten und selbstverständlich auch eine steigende Volatilität berücksichtigt werden.
Mit dem Klimawandel wachsen die Geschäftsrisiken die Sie absichern. Höhere Risiken bedeuten höhere Versicherungskosten. Schmälern diese Ihre Margen oder schlagen Sie diese auf die Zertifikatspreise?
Die Marge wird nach der Risikoberechnung hinzugefügt, entsprechend ist sie wie üblich abhängig von der Prämiengrösse.
Welches sind Ihre Konkurrenten? Inwiefern unterscheidet sich Celsius Pro von ihnen?
Es gibt eine Unternehmung mit einem ähnlichen Geschäftsmodell in den USA, die sind aber bis heute kaum auf dem Europäischen Markt anzutreffen. In Europa haben wir mit unseren Produkten und dem transparenten Ansatz eigentlich keine Mitbewerber. Lediglich bei grossen Openair Veranstaltungen stehen wir manchmal in Konkurrenz mit der Lloyds Versicherung, die bieten eine klassische Ausfall-Versicherungslösung bei Unwetter an. Dies ist aber ein ganz anderer Mechanismus als bei unseren indexbasierten Wetterderivaten wo der Kunde keinen Schaden zu beweisen hat.
Mit den beiden System Introducing Broker Partner und White Label Partnership haben Sie kostengünstige und erfolgsorientierte Absatzarten geschaffen. Reichen diese aus, um die Expansion von Celsius Pro voranzutreiben?
Introducing Broker und White Label Partnerschaften sind sehr interessant für die Distribution unserer Produkte. Wir bieten zum Beispiel seit Januar 2010 Wetterderivate für über 100 Wetterstationen in Australien an. Dort haben wir neu eine White Label Partnerschaft mit einem lokalen Commodity Broker und so werden unsere Produkte auch in Australien aktiv vertrieben.
Wie wird Celsius Pro in der Zukunft aussehen?
Grundsätzlich gibt es drei Stossrichtungen: Durchdringung bestehender Märkte, Erweiterung der geographischen Abdeckung und Erweiterung der Produktpalette mit verwandten Finanzprodukten.
Der Gesprächspartner
Mark Rüegg, Executive MBA, CFA, Gründer und CEO von CelsiusPro bringt langjährige Erfahrung aus einer führenden Investmentbank mit sich, speziell im Bereich FX Cash and Collateral Trading. In seiner letzten Position war er Direktor bei der UBS Investmentbank in London, wo er im FX Prime Brokerage Sales, Hedgefunds und Broker/Dealer Firmen in Risiko Management, Prozessen und Handelsplattformen beraten hat.
Das Unternehmen
CelsiusPro AG ist auf den Verkauf von individuellen Wetterzertifikaten spezialisiert. Die Firma ermöglicht europäischen Firmen und Retail Kunden für Prämien ab CHF 5?000 eine Absicherung gegen wetterbedingte Kosten oder Umsatzeinbussen, basierend auf Referenzwerten von nationalen Wetterstationen.
Neben dem klassischen Vertrieb von Wetterzertifikaten, bietet CelsiusPro auch online Preisberechnungen, Offerten und Transaktionserfassung für Kunden. Für externe Distributoren von Wetterzertifikaten bietet CelsiusPro ?White Labelling? sowie ?Introducing Broker? Lösungen an. Distributoren können via Internetverbindung direkt auf den online Preisrechner und die Transaktionserfassung von CelsiusPro zugreifen und ohne Rücksprache Zertifikate verkaufen.