Tel Aviv – Stefan Honegger, Ecosystem Lead beim Zürcher Förderungsprogramm Kickstart Accelerator und Startup Program Manager beim Impact Hub Zürich, ist in Israel auf der Suche nach erfolgversprechenden Startups. Für moneycab hat er an den Europe Days im Startup Hotspot Tel Aviv Tagebuch geführt.
Montag, 03.30 Uhr. Ich lande pünktlich am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv. Den gut vierstündigen Flug ab Zürich habe ich mit meiner Lektüre verbracht: Ein junger Unternehmer aus dem Silicon Valley, der über seine ersten Eindrücke kurz nach seiner Landung in Tel Aviv berichtet. Der Mann zeigt sich tief beeindruckt davon, wie sehr sogar die Zöllner am Flughafen vom Startup-Spirit dieser Tech-Nation mitten in der Wüste angesteckt seien. Die Beamten hätten förmlich gesprüht vor Freude darüber, die Ersten zu sein, die den Gast aus dem Silicon Valley in ihrem Land begrüßen durften.
Bei meiner eigenen Ankunft in Tel Aviv ist von dieser Freude wenig zu spüren. Vielleicht habe ich einfach Pech und treffe auf den einen Zöllner von Ben Gurion, dem die ganze Startup-Sache so gar nichts sagt. Oder der Typ vom Silicon Valley hatte schlicht Glück und den einzigen Zöllner getroffen, der selber am Wochenende in den Coworking-Spaces von Tel Aviv rumhängt. Jedenfalls stehe ich um vier Uhr morgens vor jener Zöllner-Kabine und werde nach einer Einladung zu dem Startup-Event gefragt, wegen dessen ich in den Flieger gestiegen war. Einladung? Ausgedruckt? Habe ich nicht. Es braucht etwas Überzeugungsarbeit, bis der Herr hinter der Scheibe auch eine E-Mail vom Gastgeber des Events als Eintrittskarte in sein Land akzeptiert.
Dienstag, 09.00 Uhr. Der Europe Days Event in der Dubnov Gallery im Zentrum der Stadt beginnt pünktlich. Erstaunlicherweise. Pünktlichkeit scheint nicht eben zu den Eigenschaften der Israelis zu gehören. Das Thema wird prompt zum ersten Diskussionspunkt der Paneldiskussion: Wie halten es die Deutschen, die Schweizer und die Israelis mit der Pünktlichkeit?
Dienstag, 11.00 Uhr. Rund 130 Menschen haben sich versammelt. Einige lauschen interessiert den Diskussionen auf dem Podium, andere sind sich draußen schon fleissig am Vernetzen. Eingefunden haben sich in erster Linie Unternehmer aus Tel Aviv sowie Repräsentanten deutscher Städte und Förderprogramme. Mein Kollege Thomas Patzko vom Impact Hub Zürich und Svea Meier von AXA Winterthur sind die einzigen Schweizer Vertreter. Die kleine Delegation aus der kleinen Schweiz darf den Kickstart Accelerator auf der Bühne präsentieren. Wir stossen auf grosses Interesse.
Dienstag, 15.00 Uhr. Derart lebhafte Networking-Pausen habe ich selten erlebt. Alle paar Minuten lerne ich einen neuen Entrepreneur kennen. Ich bin fasziniert von der effizienten und zielgerichteten Art des Netzwerkens hier. Kaum die Visitenkarte gezückt, steht der oder die Nächste da. Ein Herr aus Deutschland, selber Organisator eines Accelerators, gesteht, er hoffe jedes Mal, dass in seinem Programm ein Startup-Team aus Israel dabei sei. Dann würden nämlich gleich alle Teams härter arbeiten. Nicht selten würden die israelischen Startups die ohnehin schon langen Arbeitstage um die eine oder andere zusätzliche Stunde verlängern. Außerdem könnten sich die UnternehmerInnen aus den anderen Ländern etwas von der israelischen “chutzpah” abschneiden – übersetzt etwa “starkes Selbstvertrauen”.
Dienstag, kurz vor Mitternacht. Im geschichtsträchtigen Stadtteil Jaffa gibt es Hummus und Falafel. Der Startup Spirit von Tel Aviv bleibt Thema bis spät in die Nacht. Alle sind beeindruckt vom “Starter-Spirit” und dem Ehrgeiz der Menschen in dieser bewegten Stadt, die ihr Leben scheinbar so unbekümmert in Angriff nehmen.
Mittwoch, 09.30 Uhr. Google Campus Tel Aviv, Stockwerk 34, Blick über die gesamte Stadt. Ich versuche zu arbeiten. Unbeantwortete E-Mails und Whatsapp Nachrichten von neuen Bekanntschaften vom Vortag warten im Posteingang. Die Sicht auf die Startup-Stadt lenkt meinen Fokus aber immer wieder weg vom Bildschirm.
Mittwoch, 14.00 Uhr. Zurück am Flughafen Ben Gurion. Die Sicherheitschecks dauern eine gefühlte Ewigkeit. Ich frage mich, wie ich die Sonderbehandlung verdient habe. Mit meinen letzten Schekels kaufe ich im Buchladen das Buch Start-up Nation. Ob sich dessen Inhalte
mit meinen Erfahrungen decken? Mein Koffer im Frachtraum der Maschine zurück nach Zürich ist gefüllt mit Eindrücken. Und der Hoffnung, am diesjährigen Kickstart Accelerator ebenfalls ein Team aus der Startup-Nation in Zürich willkommen heissen zu dürfen.
Über Kickstart Accelerator
Der Kickstart Accelerator ist eines der grössten firmenübergreifenden Startup-Förderprogramme Europas mit dem Ziel, das Schweizer Innovations-Ökosystem in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Das zero-equity Programm holt 30 Startups aus aller Welt für elf Wochen nach Zürich und stellt Startkapital, Infrastruktur, Startkapital und Verpflegung zur Verfügung. Die Jungunternehmer erhalten direkten Zugang zu Grossunternehmen, Mentoren und Experten sowie die Chance auf bis zu 25`000 CHF an Unterstützungsgeldern. Der Kickstart Accelerator ist eine Initiative von digitalswitzerland und wird durchgeführt vom Impact Hub Zürich. Das Programm kann auf zahlreiche Partner-Unternehmen zählen: Credit Suisse, UBS, Swisscom, Raiffeisen Schweiz, Coop, Migros, Swiss Life, PwC Schweiz, Gebert-Rüf-Stiftung, AXA Winterthur und EY. Unterstützt wird das Programm zudem von Accenture, Global Fintech Association, Helsana, Metall Zug, Empa, Stäubli sowie der Stadt Zürich.