120 Jahre Kommunikationsgeschichte im Bild
Bern – Das Museum für Kommunikation erschliesst in zehn Jahren seine Fotosammlung mit einer halben Million Bildern und sichert diesen nationalen Erinnerungsschatz für die Zukunft. Vom aufwändigen Prozess ist von aussen wenig sichtbar. Doch immer mehr Bilder sind digital abrufbar und eine Ergänzung der permanenten Ausstellung ermöglicht nun auch einen Blick auf die Originale.
Eine halbe Million Fotos zur Schweizer Kommunikationsgeschichte schlummern in der Sammlung des Museums für Kommunikation in Bern. Zeitdokumente von nationaler Bedeutung, gesammelt über die letzten 120 Jahre – doch lange Zeit von aussen schwer zugänglich. Nun hebt das Museum diesen Schatz in einem zehnjährigen Kraftakt und bringt ihn ans Licht. Seit dem 1. Januar 2020 werden die Bilder in einem umfassenden Prozess gesichtet, bewertet, erschlossen, digitalisiert und online zugänglich gemacht. Ein Prozess, der äusserst effizient ablaufen muss. Ein Verzug von dreissig Sekunden pro Bild ergibt übers ganze Projekt eine Mehrarbeit von über 4000 Arbeitsstunden. Das Museumsteam lernt laufend dazu, weil alle Schritte gleichzeitig laufen, und perfektioniert den Ablauf.
Von der enormen Arbeit, die hinter dem Sichtbarmachen der Bilder steckt, ist von aussen kaum etwas sichtbar. Die wichtige Museumsarbeit läuft hinter den Kulissen ab. Mehr als 67’000 Arbeitsstunden hat das Museumsteam insgesamt für die Bearbeitung der Fotosammlung eingeplant. Ein Effort, der sich lohnt. Die Lebensdauer der physischen Bildträger ist nicht unbegrenzt und einzelne zeigen bereits Zerfallserscheinungen: Dias verkleben mit Sichttaschen, aus Glasnegativen wird ein Scherbenpuzzle, chemische Prozesse zersetzen die Bilder. Die Sammlung muss digitalisiert werden, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Und so wächst die Menge der Bilder, die über die online-Datenbank des Museums abgerufen werden können, kontinuierlich an.
Die Fotos kommen ans Licht
Von 2020 bis 2021 wurde ein umfangreicher Bestand von 14’000 Bildern abgeschlossen. Es sind historische Fotos der Lobbyorganisation Pro Telephon (1927-1977), die nun frisch digitalisiert und erschlossen sind. Offensichtlich scheute Pro Telephon keine Mühen und engagierte hochkarätige Fotografen, um das Telefon als Pforte in die moderne Zeit zu präsentieren. Die Bilder zeigen spektakuläre Kabelverlegungen im Hochgebirge, ehrfurchtsvolle Kinder im Klassenzimmer, die im Umgang mit dem Telefon geschult werden, gewaltige technische Anlagen – und immer wieder das telefonierende Fräulein.
Bilder, die auch viel über den Zeitgeist und die Stereotypen vergangener Jahrzehnte verraten. Im partizipativen Teilprojekt «¿Kulturerb:innen!» will das Museumsteam auch solche Aspekte der Fotosammlung zusammen mit Menschen von ausserhalb des Museums erschliessen. Denn Fotos sind wertvolle Erinnerungstücke. Kaum jemand würde seine Fotos im brennenden Haus zurücklassen.
Das Museum für Kommunikation macht nun seine eigene Fotosammlung und das Projekt dahinter auch in der Ausstellung sichtbar. Ab dem 8. Juli 2022 werden rund 70 Originalbilder aus der Sammlung in der permanenten Ausstellung zu sehen sein. Ein Audioguide lädt zum Erkunden ein. Die Fotos dieser erstmaligen Präsentation stammen aus dem frisch bearbeiteten Bestand von Pro Telephon. Um die Originale zu schützen, werden später andere Bilder gezeigt. Die Ausstellung ermöglicht so einen immer neuen Einblick in die Fotosammlung des Hauses. Neben dem umfassenden digitalen Zugang eine schöne Ergänzung, die auch dem Charme des Originals gerecht wird. (mc/pg)