Wer sich für zeitgenössische Architektur interessiert, wird in Japan vielerorts fündig. Etwa auf der Insel Awaji, wo seit Kurzem das neueste Meisterwerk von Shigeru Ban Ästhetinnen und Ästheten aus aller Welt begeistert. Auf einer spektakulären Holzstruktur erhebt sich der Wellness- und Meditationstempel «Zenbo Seinei» hoch über die Bäume. Zunächst einmal lassen sich aber die Bauten von Ban und Co. bei uns bestaunen. Nicht wenige japanische Stararchitekten sind nämlich mit Werken in der Schweiz vertreten. Bis also Japan für den Tourismus wieder öffnet, wartet japanische Baukunst bereits hierzulande auf.
«Zen über den Bäumen» verheisst Shigeru Bans neuester Coup auf der Insel Awaji, von der Stadt Kobe aus gut zu erreichen. Der mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnete Architekt hat jüngst ein Meditations-Resort entworfen, das mit seiner 100 Meter langen Aussichtsplattform hoch über einem warm-duftenden Zedernwald besticht. Holz und viel natürliches Licht sollen neben dem Wellnessprogramm mit gesunder Küche, Tee- und Räucherstäbchenzeremonien sowie anderen Zen-Ritualen Körper und Geist der Gäste in Einklang bringen. Für die Konstruktion setzte Ban typischerweise auf erneuerbare Materialien und lokale Rohstoffe. Seine Bauten überzeugen durch ihre schlichte Eleganz, sie wirken leicht und sind lichtdurchflutet. So etwa auch der aufsehenerregende Firmensitz von Swatch in Biel oder das Tamedia-Bürogebäude in Zürich. Für «Zenbo Seinei» experimentiert Shigeru Ban einmal mehr mit Holz als imposantem Trägerwerk.
Big in der Schweiz: Bauten von japanischen Stararchitekten
Am Flughafen Zürich hat Riken Yamamoto mit dem Circle das grösste und teuerste Gebäude der Schweiz, gestaltet. Es verschmilzt mehrere Elemente wie Büros, Hotels, Konferenzräume und Läden in ein monumentales Ensemble und erinnert somit an eine japanische Metropole. Zum Beispiel an Yokohama, dessen Stadtbild wiederum Yamamoto unter anderem mit «ROTUNDA» – einem Wohn- und Mehrzweckgebäude von 1987 – mitprägt. Wer sich weiter in der Schweiz auf die Suche nach japanischer Architektur begibt, kommt nicht am Novartis Campus in Basel vorbei: Gleich zwei der ganz grossen Namen aus Fernost haben hier ihre Spuren hinterlassen: Tadao Ando, der grosse Meister des Minimalismus und Sichtbetons, strebt bei seinen Bauwerken immer eine Symbiose mit der natürlichen Umgebung an. Sein dreieckiges Laborgebäude Fabrikstrasse 28 fügt sich perfekt ins Campusgelände ein. Bestes Beispiel in Japan: Andos «Architektur der Stille» auf der Kunstinsel Naoshima. Fumihiko Maki hat für den Novartis Campus das Bürogebäude Square 3 entworfen. Er gehört ebenfalls zu den Altmeistern der japanischen Moderne. Makis «Spiral House» im Trendviertel Omotesando in Tokyo oder das ebenfalls von ihm entworfene MoMAK, das National Museum of Modern Art in Kyoto, ziehen design- und architektur-affine Reisende an.
Weltformat: von Tokyo bis Vals
Bilder von einem anderen japanischen Bauwerk waren kürzlich in aller Welt in den Wohnzimmern zu sehen: Das Nationalstadion für die Olympischen Spiele «Tokyo 2020» stammt von Kengo Kuma. Während der Austragung der Spiele, die coronabedingt um ein Jahr verschoben wurde, blieb es zwar den meisten internationalen Besucher*innen verwehrt, doch beeindruckt hat das ovalförmige Konstrukt auch auf dem Bildschirm. Das Stabwerk soll an die Pagode Gojunoto bei Nara erinnern und strahlt mit seinen Holzelementen Wärme und Behaglichkeit aus. Eine ähnliche Atmosphäre hat der renommierte Architekt für das «7132 House of Architects» in Vals geschaffen. Sein in Eichenholzpaneelen aus der Schweiz gekleidetes Zimmer hüllt Übernachtungsgäste in einen gemütlichen Kokon. Wenige Türen weiter lehnte sich Tadao Ando bei der Zimmergestaltung an die Teehaus-Architektur an und zelebriert bei der Therme Vals ebenfalls Japans inspirierende Ästhetik. (mc/pg)
Sehenswerte Architektur in Japan
Archi-Depot, Museum für Architektur mit Modellen von Shigeru Ban, Kengo Kuma und Riken Yamamoto in Tokyo