Ausstellung Emil Nolde im Zentrum Paul Klee

Ausstellung Emil Nolde im Zentrum Paul Klee
Emil Nolde, «Seltsame Wanderer», 1923 (Ausschnitt), Öl auf grober Leinwand (Sackleinen), 67,5 x 88 cm, Nolde Stiftung Seebüll. (Foto: Fotowerkstatt Elke Walford und Dirk Dunkelberg © Nolde Stiftung Seebüll)

Bern – Emil Nolde zählt zu den bekanntesten Künstlern des 20. Jahrhunderts und zu einem der wichtigsten Vertreter des Expressionismus. Seine Kunst zeichnet sich durch eine einzigartige Intensität der Farben aus. Um der europäischen Kunsttradition zu entkommen und eine eigene Bildsprache zu entwickeln, setzte er sich mit dem Grotesken, Fantastischen und für ihn Exotischen auseinander. Diese Aspekte ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Schaffen und werden in der Ausstellung mit rund 170 Werken vorgestellt.

Das Zentrum Paul Klee (ZPK) in Bern widmet seine Winterausstellung 2018/19 Emil Nolde, dem «nordischen Künstler», wie ihn Paul Klee 1939 porträtierte. Nolde und Klee waren nicht nur Zeitgenossen, sondern auch Freunde, die sich gegenseitig besuchten und in den 1920er- und 1930er-Jahren regelmässig korrespondierten. Zum 60. Geburtstag von Emil Nolde verfasste Klee eine Laudatio für eine Festschrift, die 1927 publiziert wurde. Obwohl Klee sich selbst im Gegensatz zu Nolde als erdfern charakterisierte, fühlte er eine gewisse Wahlverwandtschaft: «Nolde ist mehr als nur erdhaft, er ist auch Dämon dieser Region. Selber anderswo domiziliert, fühlt man stets den Vetter dort der Tiefe, den Wahlverwandten.» Nolde stellte ebenfalls fest: «Wir waren sehr verschieden, aber auch seine absolute Anerkennung meiner Kunst, wo er selbst ganz anders malte, war sehr schön.»

Keine Gegenüberstellung mit dem Schaffen Klees
Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee wird keine Gegenüberstellung beider Künstler, da sich ihre bildnerische Sprache allzu stark unterscheidet. Dennoch konzentrieren wir uns in Noldes Schaffen auf Aspekte, die sich wie ein roter Faden durch sein Werk ziehen und denen wir auch bei Klee immer wieder begegnen. Beide Künstler teilten die Faszination für das Groteske, Fantastische und ‹Exotische›. Grotesken erlaubten ihnen, das zeitgenössische Geschehen kritisch zu kommentieren. In fantastischen Darstellungen konnte sich Nolde von Vorgaben und Ideen gänzlich befreien, während für Klee das Reich der Geister, Dämonen und andere Mischwesen eine spannende Parallelwelt bot. Das ‹Exotische›, nicht in der europäischen Tradition stehende, eröffnete zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Klee und Nolde wie auch für viele ihrer Zeitgenossen ein neues Formenvokabular.

Beginnend mit den ‹Berg-Grotesken›, die Nolde während seines Aufenthaltes in der Schweiz kurz vor 1900 geschaffen hat, widmet die Ausstellung verschiedene Sektionen den Fantasien, die im abgeschiedenen Jütland entstanden sind. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Karikaturen des Berliner Nachtlebens. Während sich Nolde nachts in den Tanzcafés herumtrieb, studierte er tagsüber die für ihn ‹exotische› Kunst im Königlichen Museum für Völkerkunde. Aufgrund der dort gemachten Studien entstand eine Serie von Gemälden, die Nolde in der Folge in Stillleben mit äusserst unorthodoxen Kombinationen von Figuren aus verschiedensten Kulturkreisen weiter entwickelte. Auch die Südsee-Reise, die Nolde 1913-14 unternommen hat, ist ein Thema. Die vor Ort entstandenen Aquarelle und Gemälde, wie auch die später verarbeiteten Eindrücke der Reise, zeigen Noldes zwiespältiges Verhältnis zum Fremden auf. Zum einen ist der Künstler von der ‹Ursprünglichkeit› der indigenen Völker, die nichts mit der europäischen Tradition zu tun haben, fasziniert, zum anderen fürchtet er sich vor deren ‹Wildheit› und bestätigt damit das damals gültige Vorurteil.

Von Normen und Gewohnheiten befreit
In welcher Form Nolde dem Anderen, dem Unbekannten auch immer begegnete, es scheint, seine künstlerische Arbeit beflügelt sowie von Normen und Gewohnheiten befreit zu haben. So entwickelte Nolde inspiriert vom Unheimlichen – à la lettre – ein einzigartiges Œuvre, das mit keinem seiner Zeitgenossen verglichen werden kann. Insbesondere während des Berufsverbotes durch die Nationalsozialisten, das Nolde, der sich als urdeutscher Maler verstand, nicht nachvollziehen konnte, entstanden die sogenannten «Ungemalten Bilder». Es mag kaum verwundern, dass er sich auch während dieser Zeit immer wieder in eine Fantasiewelt flüchtete, die unzählige Geister und Fabelwesen hervorbrachte.

Eine Chronologie mit Dokumenten aus den Archiven gibt Einblick in die Begegnungen beider Künstler, in deren überschneidende Ausstellungstätigkeiten und Bekanntschaften.

Die Ausstellung ist in enger Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll entstanden. Zur Ausstellung wird ein Katalog in deutscher und englischer Sprache beim Snoeck Verlag erscheinen, in dem erstmals die Korrespondenz zwischen Klees und Noldes publiziert wird. (ZPK/mc/ps)

Zentrum Paul Klee

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