Bern feiert den bedeutenden Schweizer Künstler Jean-Frédéric Schnyder. Neben einer Einzelausstellung in der Kunsthalle Bern zeigt das Kunstmuseum Bern eine Accrochage aus den eigenen Sammlungsbeständen. Der Künstler selbst hat dafür eine Auswahl von 68 frühen Werken getroffen und sie in einer Gesamtinstallation arrangiert.
Der 1945 in Basel geborene und in Bern aufgewachsene J ean-Frédéric Schnyder kam in den 1960er-J ahren autodidaktisch zur Kunst. Bereits mit 24 J ahren wurden seine Arbeiten in Harald Szeemanns epochaler Ausstellung When Attitudes Become Form gezeigt. Die Ausstellung im Kunstmuseum Bern konzentriert sich vor allem auf Frühwerke aus den J ahren 1967 1985, welche die Herausbildung seines Kunstbegriffs und seine verschiedenen Herangehensweisen dokumentieren. Den Schwerpunkt bilden seine vielfältigen Bildserien.
Alles ist bildwürdig
Nach Anfängen im Skulpturalen wendet sich Schnyder Anfang der 1970erJ ahre gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Künstlerin Margret Rufener, der Malerei zu. Nach einem Do It Yourself-Kurs von Walter T. Forster malen sie gewissenhaft leicht bekleidete Frauen, traurige Clownsgesichter und schwülstige Sonnenuntergänge. Zum «ernsthaften» Maler wird Schnyder erst ab 1982, als er sich ein Rennvelo und eine Staffelei kauft, damit die Umgebung von Bern erkundet und im Tagesrhythmus 126 Berner Veduten malt. Im Unterschied zu den Berner Kleinmeistern, auf die er sich in Motiv und Format lose bezieht, konzentriert sich Schnyder nicht nur auf pittoreske Ansichten, sondern zeigt ebenso Einkaufszentren, Bürogebäude und Strassenunterführungen.
Die Suche nach dem Schönen im Durchschnittlichen, Banalen und Alltäglichen ist nicht nur in den Berner Veduten Programm: Bereits seine Skulpturen und Objekte realisierte der Künstler in Materialien, die der seriösen Kunst fremd sind, und verarbeitete Kaugummi, Plastik, Räucherstäbchen, Zinn und Bananenschachteln. Er malt in seiner Karriere Autobahnen und Weichspüler-Flaschen, Mickey Mouse und seinen Hund Dritchi in Serie und den unterschiedlichsten Kontexten stets mit dem Ziel, Werke zu schaffen, die «einfach schön sind und Freude machen», also authentische Gefühle auslösen. Sein Stil variiert dabei zwischen naturalistisch, expressiv und ungegenständlich, je nachdem, welche Bildsprache aus Sicht des Künstlers am besten zum dargestellten Gegenstand passt.
Auf Schnyderscher Gratwanderung
Schnyders Œuvre zeichnet sich durch eine nicht-elitäre Kunstauffassung und einen beharrlichen Widerstand zum Modischen aus. So erinnert die vom Künstler als grosse Installation arrangierte Ausstellung im Kunstmuseum Bern an ein Kuriositätenkabinett aus verschiedensten Werkgruppen und Schaffensphasen mit überzeitlicher Ausstrahlung. Sie nimmt Besucher:innen mit auf eine Schnydersche Gratwanderung zwischen Kitsch, Humor, Provokation und Ernsthaftigkeit und lädt zu einer intensiven Begegnung mit seinem künstlerischen Kosmos. Verschiedene Führungen sowie zahlreiche Angebote für Kinder und Familien runden die Ausstellung ab. (Kunstmuseum Bern/mc/ps)
In der Kunsthalle Bern wird vom 25.2. bis 15.5.2022 das aktuelle Schaffen Jean-Frédéric Schnyders zu sehen sein. Die Ausstellungen und das gemeinsam erarbeitete Begleitprogramm ermöglichen zusammen die bisher umfassendste Begegnung mit seinem Werk in Bern.
Die Ausstellung wird unterstützt von Kanton Bern