Renate van Lith macht Fotos von dem Augenblick, in dem ein Mensch zur Welt kommt. Sie hält Abstand und ist doch verblüffend nahe dran an Müttern, Vätern und den Neugeborenen.
Es geht los: Der Anruf kommt immer plötzlich. Manchmal hat sie sich gerade Frühstück gemacht, wenn das Telefon klingelt, manchmal steht sie im Supermarkt, manchmal fährt Renate van Lith aus dem Schlaf hoch. Eins ist immer gleich: Wenn der Anruf kommt, dann muss sie sich beeilen. Sie schnappt sich ihre Nikon D750 und rast los, so erzählt sie es.
Den Objektivschutz löst sie, wenn sie das Krankenhaus betritt. Dann ist sie nur noch Sekunden entfernt von ihrem Auftrag: fotografisch festzuhalten, wie neues Leben zur Welt kommt. Abzudrücken, wenn ein Kind den Mutterleib verlässt, wenn eine Schwangerschaft zu Ende geht und eine Familie am Anfang steht.
Die Niederländerin Renate van Lith, 43 Jahre, Mutter von zwei Kindern, war seit 2015 schon bei einer Vielzahl von Geburten dabei. Vor fünf Jahren gab sie ihren vorherigen Job auf, damals kontrollierte sie die Qualität in der Kinderbetreuung. Die Fotografieschule habe sie in ihrer Freizeit nur besucht, um ein neues Hobby zu finden. Dann fragte eine Kundin, die sie zuvor fotografiert hatte, ob van Lith bei der bevorstehenden Geburt ihres Kindes nicht ein paar Bilder machen könnte. Van Lith sagte zu. Danach sei klar gewesen, dass sie zu ihrem alten Beruf nicht mehr zurückkehren wollte. Für den neuen hatte sie keine Ausbildung, keine wirkliche Erfahrung. Aber sie war neugierig.