Don Was, Präsident von Blue Note Records. (Copyright: Gabi Porter/Blue Note)
New York / Wien – Das legendäre Musik-Label Blue Note Records feiert 2014 seinen 75. Geburtstag. Das von den emigrierten Berlinern Alfred Lion und Frank (Francis) Wolff gegründete Unternehmen mit dem Slogan «The Finest In Jazz» startete am 6. Januar 1939 mit einer Aufnahmesession der beiden Boogie-Pianisten Albert Ammons und Meade Lux Lewis.
1965 verkauften Lion und Wolff das Label an die Plattenfirma Liberty. Lion ging zwei Jahre später in den Ruhestand und Wolff starb 1971. Liberty wurde schliesslich 1969 an United Artists verkauft, das wiederum 1979 von EMI übernommen wurde, die Blue Note vorübergehend einstellte. Seit 1985 steht der Katalog und der Name Blue Note im Eigentum von EMI Capitol Records. Mit der Zerschlagung von EMI 2012 fiel die gesamte Musiksparte – darunter auch Blue Note – an Universal Music.
Qualitätsfanatiker am Werk
Blue Note Records war eines der ersten Schallplattenlabels, das auf die Technologie der Langspielplatte mit 33 Umdrehungen pro Minute setzte. Trotz der hohen Kosten der Umstellung beharrte Lion, der selbst grosses Interesse an Aufnahmetechnik hatte, auf diesem Schritt, der sich schliesslich mehr als gelohnt hat. Lion war ebenso wie sein Kompanion ein Qualitätsfanatiker.
«Blue Note setzt sich schlicht zum Ziel, den kompromisslosen Ausdrucksformen des Hot Jazz oder Swing allgemeines Gehör zu verschaffen. Jede besondere Spielweise, die ein authentisches musikalisches Gefühl darstellt, ist echter Ausdruck. Durch ihre Bedeutung in Raum, Zeit und den Umständen, denen sie entstammt, besitzt diese Musik eigene Tradition, künstlerische Wertmassstäbe und ein Publikum, das sie lebendig hält», lautete das Mission-Statement von Lion.
Plattenproduzent als Präsident
«Das Mission-Statement und der Wille zur technischen Innovation macht dieses Musiklabel so einzigartig», so Don Was, Blue-Note-Präsident im pressetext-Interview. «Blue Note ist viel mehr als bloss Musik. Es ist Ausdruck eines Lebensstils. Ich denke da an die Hardbop-Ära oder an die grandiosen Aufnahmen von Herbie Hancock oder Wayne Shorter in den 1960ern.»
«Ich habe Alfred Lions Mission-Statement wieder ausgegraben und kann das nur unterschreiben», meint Was, der als Rock-Bassist und erfolgreicher Produzent mehrere Grammys gewann. Seit Anfang 2012 bekleidet Was diese Funktion. «Angeboten wurde mir der Job zufällig. Ich war bei einem Konzert des grossartigen Sängers Gregory Porter in Harlem und fragte am nächsten Tag beim Frühstück mit meinem Freund Dan McCarroll, Chef von Capitol Records, ob dieser Künstler bei Capitol unter Vertrag stehe, weil ich ihn sonst selbst produzieren würde.»
Diese Konversation endete damit, dass ihm der Chefjob angeboten wurde und das erste Telefonat Porter galt, der bei Blue Note sein neues Label fand. Porter gewann mit seinem ersten Blue-Note-Album «Liquid Spirit» den Grammy für das beste Vocal-Jazz-Album 2014.
Zukunftvision eines Musiklabels
«Es geht jetzt darum, das grösste Jazzlabel erfolgreich weiterzuführen und neue Zukunftsvisionen zu entwickeln. Eine davon ist, die alten Aufnahmen zu remastern und wieder auf Vinyl herauszubringen – die zweite ist, neue innovative Musiker zu finden, die das fortsetzen, was Wayne (Shorter) und Herbie (Hancock) in den 1960ern gemacht haben», so Was. «Und das war nichts anderes als revolutionäre Musik zu machen.» Zum 75. Geburtstag des Labels gibt es zahlreiche Neuerscheinungen und Reissues. (pte/mc/ps)