Davos als kritisches Kunstwerk
Man kann schimpfen, lächeln oder einfach nur den Kopf schütteln. Viel Wind gab es um das Werk von Hirschhorn. Nun hat die Eidgenossenschaft die umstrittene, kontroverse, riesige und begehbare Panorama-Installation gekauft.
Die Wirtschaftslandschaft Davos vom international renommierten Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn bereichert seit kurzem die Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Es ist eine andere Art über die Dinge nachzudenken. aber es ist sehr effektiv. Wer in Bildern denk, der ist dem Rest der Menschheit einen Schritt voraus. Denn Bilder prägen sich besser ein, da sie schneller und umfassender, mit allen ihren Aspekten und Gefühlen wahrgenommen werden, als dies zum Beispeil bei Spread-Sheets der Fall ist. Verwendet der Künstler dann noch billigste Materialien, denen der Betrachter keinen Wert zugemessen hätte, so kommt eine Irritation dazu. Der Betrachter wird also direkt in den Dialog mit dem Bild gelockt.
Es ist die Art, wie der Künstler Thomas Hirschhorn an das Thema heran geht. Furchtlos stellt er Fragen in den Raum und gibt die Antworten gleich selbst.
Das Reflektieren zur Schweizer Geschichte läuft auch höchst aktuellem Niveau.
Die Kritik ruft aus dem Werk, lächelt, zwinkert und gellt auch mal schallend in den Raum. Nun ja, finanziert wurde der Ankauf ja auch mit der Unterstützung der Eidgenössischen Kunstkommission und des Aargauischen Kunstvereins sowie dank weiteren Beiträgen der Freunde der Aargauischen Kunstsammlung und privaten Förderern. Der Staat wird im Werk nicht immer so lieb umhätschelt, muss er vielleicht auch nicht, denn es war der Kunst immer schon zugeschrieben, in einem freien Staat auch frei sein zu dürfen. Dennoch – Kritiker gibt es viele – sehr viele. Diskutiert werden allerdings oft nur die Gemeinplätze der Aufgaben der Kunst.
Objektivierene Distianz wird unterlaufen
Die Wirtschaftslandschaft Davos ist ein grosses, begehbares Panorama, in dem der Künstler die Verwandlung von Davos aufzeigt: Der sonnenbeschienene, beliebte, in die Literatur (Zauberberg von Thomas Mann) und Kunstgeschichte (Ernst Ludwig Kirchner) eingegangene Kurort Davos mutiert in seiner Installation zu einer international für Schlagzeilen sorgende, krawallgebeutelte Hochsicherheitszone. Wild und virtuos wird das wertloseste Material eingesetzt und sinnbringend montiert, so dass aus vielen kleinsten Einzelteilen ein neues Ganzes mit einer gewaltigen Aussage wird.
Das Aargauer Kunsthaus verstand sich schon immer und versteht sich bis heute als Museum für Schweizer Kunst. Es hat es sich zur Aufgabe gemacht, wichtige Schweizer Kunstwerke zu sammeln und auch kulturpolitische Themen zu berücksichtigen, soweit sie mit Mitteln der bildenden Kunst aufgearbeitet werden.
Thomas Hirschhorn (*1957, Bürger von Lenzburg, AG) ist international anerkannt und gefragt. Nicht zuletzt verdankt er seinen Ruf der politischen Dimension seines Werkes und dem kompromisslosen Aufgreifen von gesellschaftlichen Themen. Provokative Elemente bestimmen massgeblich seine künstlerische Strategie, wodurch Hirschhorns Werke das Publikum nie unberührt lassen. Thomas Hirschhorn wird 2011 die Schweiz an der Biennale in Venedig vertreten.
( Tanja Hess)