Bern – Ein monumentales Gemälde im Bestand des Kunstmuseum Bern zeigt den Weg des Menschen zum Glück. In einer Ausstellung, welche in Kooperation mit dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern entstand, wird die berühmte Kebes-Tafel von 1633 erstmals in ihren kulturhistorischen Zusammenhang gesetzt. Eingebettet in einen Kontext aus Grafiken, Zeichnungen und Gemälden gibt Der Weg Zum Glück. Die Berner Kebes-Tafel und die Bilderwelten des Barock einen vertieften Einblick in die bürgerliche Lebensrealität des 17. Jahrhunderts.
Im Zentrum der Ausstellung steht die berühmte Kebes-Tafel von Joseph Plepp (1595–1642), ein über drei Meter langes Gemälde aus den Beständen des Kunstmuseum Bern. Die Tafel entstand 1633 und hing ab 1689 während mehr als zwei Jahrhunderten in der Berner Theologieschule, bevor sie im Jahr 1903 in die Sammlung des Kunstmuseum Bern gelangte. Mit mehr als 200 Figuren zeigt das Werk die Irrungen und Wirrungen des Menschen auf seinem Weg hin zu einem glücklichen Leben. Dieser ist in drei Zonen geteilt, die es zum Erlangen der Glückseligkeit zu durchlaufen gilt: Einmal ins Leben eingetreten, sind alle Menschen den Launen des Schicksals, den personifizierten Begierden, falschen Meinungen und Lastern ausgesetzt. Nur durch Vernunft, Bildung und mithilfe von Tugenden vermögen einige schliesslich in die dritte Zone zu gelangen, zur Erkenntnis dessen, was wirklich wichtig ist. Die Darstellung basiert auf einem Kupferstich des niederländischen Künstlers Hendrick Goltzius (1558–1617), dem wiederum ein antiker Text zugrundeliegt.
In Szene gesetzt wird die Kebes-Tafel von zwei Dozentinnen in Zusammenarbeit mit Studierenden des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Bern. Werke aus der Sammlung kontextualisieren die Tafel und machen sie in ihrer Zeit begreiflich. Die Ausstellung führt sowohl in die konkrete Welt von Mode, Handel und kulinarischen Genüssen als auch in das barocke Mindset mit seinen Idealen und Werten.
Zwischen Genuss und Verboten: das Zeitalter des Barock
Das 17. Jahrhundert war in Europa von stark gegenläufigen Dynamiken geprägt, so auch in Bern. Die Stadt und Republik dehnte ihren Einflussbereich aus und genoss Jahrzehnte wirtschaftlichen Wohlstands. Fernhandel, Wissenschaften und Künste erweiterten die Möglichkeiten und Horizonte zumindest der wohlhabenderen Bevölkerung in verschiedenen Lebensbereichen wie Konsum, Bildung und Kultur.
Dem standen eine strenge religiöse Werteordnung und starke soziale Konventionen gegenüber. Nur schwer entkamen die Zeitgenoss:innen dem Käfig aus Sittenregeln und Kleiderordnungen: Das erste gedruckte Kleidermandat für Bern erschien 1628. Reguliert wurden unter anderem die Höhe und der Geldwert der Brämi-Kappe aus Pelz. Wer sich nicht an die Regeln hielt, musste ins sogenannte Pfaffenloch des Berner Chorgerichts.
Die Ausstellung spürt diesen Gegensätzen des barocken Lebensgefühls nach. Das Publikum soll dabei selbst in drei Stationen den Weg nachvollziehen, den die Kebes-Tafel aufzeigt. In einem ersten Raum werden anhand von Stillleben und Porträts die materielle Kultur der Berner Oberschicht – die Versuchungen und Gaben der Schicksalsgöttin Fortuna – sowie die Grundlagen des zeitgenössischen Wohlstandes, die vor allem im Acker- und Gartenbau bestanden, gezeigt. In einem weiteren Raum werden mithilfe von Allegorien und Personifikationen die Macht der Laster und der Tugenden, die Verblendung und die Täuschungen des Menschen auf seinem Lebensweg thematisiert. Im letzten Raum schliesslich erreichen die Besucher:innen die Kebes-Tafel, von imposanten Gemälden, die Wissen, Weisheit und Werte visualisieren, flankiert und in ihren inhaltlichen Kontext als Wegweisung zu einem glücklichen Leben gebettet. (Kunstmuseum Bern/mc/ps)
Ausstellung: 03.09. – 28.11.2021
Kunstmuseum Bern