Erste Reparatur am Steyr 10S21 erfolgreich dank Steyr-Gott und Dienstbehelf
Irgendwann erwischt es jeden unterwegs und eine Warnlampe im Armaturenbrett leuchtet auf, im besten Fall. So auch bei unserem Steyr, irgendwo im Nirgendwo der Weiten in Apuliens «Alta Murgia».
Von Helmuth Fuchs
Plötzlich leuchtet die rote Lampe unterhalb der Batterie 1 auf und der Drehzahlmesser hängt bei Null fest. Da wir beide absolute Anfänger sind bezüglich Motoren jeglicher Art, vom Innenleben unseres Steyrs nur wissen, dass es eigentlich sehr robust ist, ist guter Rat eines Spezialisten gefragt. In der Schweiz ist das der Steyr-Gott Dani Abbühl (für Atheisten und des österreichischen Idioms Mächtigen «der Steyr-Spezi»).
Ein Kenner und Könner von seltenem Format
Ich hatte vor unserer Reise das grosse Vergnügen, ihn bei einem Besuch in seinem Reich persönlich kennenlernen zu dürfen. Unglaublich, wie viel Wissen sich in einem einzelnen Menschen ansammeln kann. Er hört beim Anlassen des Motors (im Notfall auch über das Telefon) schon, wie es um den Zustand des Fahrzeuges steht, entdeckt sofort einige kleine Dinge, die verbessert werden können (aber nicht dringend müssen), das Zischen der Staudruckbremse kommentiert er mit «habt Ihr da einen Vogel eingesperrt?» und bekommt beim Fahren ein Glänzen in den Augen: «Sidäfiin» (seidenweich).
Ihn in seiner Garage zu erleben, in der er praktisch alle Teile diverser Steyr-Modelle lagert und im Notfall in der Lage ist, fehlende Teile auch selbst herzustellen, ist ein seltener und unvergesslicher Genuss. Selten, weil es nur noch wenige Menschen gibt, die ein Fahrzeug so detailliert bis hin zur allerletzten Schraube kennen und verstehen und dazu handwerklich in der Lage sind, praktisch alle Probleme auch selbst zu lösen. Und selten, weil er sich trotzdem Zeit für einen blutigen Anfänger wie mich nimmt.
Anweisungen durch den technischen Dienstbehelf des Bundesheeres
Also ein Anruf in die Schweiz zu Dani, kurze Beschreibung des Problems und seine ebenso knappe Analyse: «Schau dir den Keilriemen an». Kurz unter den Steyr gekrochen und da hängt mir der Keilriemen schon entgegen. Einige Zähne fehlen, aber als Ersatz wird er uns weiterhin begleiten. Zum Glück habe ich einen neuen dabei. Ebenfalls dabei auf dem iPad ist der «Technische Dienstbehelf für das Bundesheer, Geländegängiger mittlerer Lastkraftwagen SDP12M18». Dort findet sich die sensationell detaillierte Anweisung, wie der Keilriemen zu wechseln ist.
Ohne militärisch stramm zu stehen, dafür mit Blick in die Landschaft, einer kleinen Pause zum Bewundern der Schafherde, die vorbeizieht, einer kurzen Unterhaltung mit dem Hütehund, einem Blick auf die blühenden Herbstzeitlosen, werden die Schritte abgearbeitet und der neue Keilriemen sitzt.
Einen kurzen Augenblick setzt der Herzschlag aus beim Kippen des Fahrerhauses. Die letzte Strecke erledigt die Kabine ohne fremde Hilfe und man muss einfach hoffen, dass das ganze Teil nicht einfach vornüberkippt und in der Wiese landet. Aber alle Verbindungen halten was sie müssen.
11 thoughts on “Erste Reparatur am Steyr 10S21 erfolgreich dank Steyr-Gott und Dienstbehelf”
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Respekt!
Eine schöne Tour…
Wir waren vor 4 Wochen auf der gleichen Strecke, mit den gleichen Orten unterwegs.
Leider steht unser ExMo noch in italien bei Mercedes!😢
Wer hat euch denn die Heck-staukästen gemacht?
Sowas möchten wir auch…
Beste Grüße aus Deutschland, gute Fahrt weiterhin.
Vielen Dank für Deinen Kommentar. Was ist mit dem ExMo los, hoffentlich nichts Schlimmes? Die Staukästen hat Frank Oechsner von Füss Expeditionsmobile gemacht. Kann ich wirklich empfehlen, staub- und wasserdicht. Beste Grüsse aus Ascoli Piceno.
cool, super – macht doch Spass zum Selbstschrauber zu werden 🙂
Gruss
Na ja, wenn man denn Lappalien wie Keilriemen wechseln und Fahrerhaus kippen (!) als Reparatur bezeichnen will… Und das Ganze in den unendlichen Weiten Sibiriens äh Apuliens 😂
Gratuliere, ist schon mal ein Anfang. Der Dienstbehelf für den 12M und das ELDOS (wo explizit auch Inhalte für den 12S zu finden sind) gehören zur Grundausrüstung des Steyr-Eigners. Dänus Telefonnummer sozusagen zum digitalen Sackbefehl.
Ich bin als handwerklich ehemals unbedarfter Anwalt und Unternehmer übrigens den umgekehrten Weg gegangen: Zwei Jahre lang in Kappel unseren 12M18 eigenhändig unter Dänus Auge und oftmals helfender Hand komplett neu aufgebaut. Jede zweite Woche mehrere Tage geschraubt und viel gelernt. Mit dem gewonnenen (Selbst)vertrauen in die eigenen Hände und dem erworbenen technischen Verständnis ist denn auch eine entscheidende weitere Stufe auf dem Weg vom Fahrzeugkäufer zum Overlander erklommen. Da kann man sich ab und zu auch mal einen Anruf beim Spezi ersparen. Zum Beispiel wenn das Batterieladungs-Lämpli brennt. Da muss man kein Steyr-Gott sein, um auf die LiMa bzw. deren Riemenantrieb zu kommen. Der Abbühl kann ganz viel mehr. Das ist, wie wenn man einen Artikel über einen Chemie-Nobelpreisträger schriebe und dem staunenden Leser mitteilen würde, dass dieser ein Reagenzglas von einer Pipette unterscheiden könne. 😊
Das finden wir doch toll, dass Du zwei Jahre Zeit nehmen konntest und ganz viel bei Dani gelernt hast. Zum Glück muss man das aber nicht, um trotzdem mit einem LKW auf Tour gehen zu können und dank Danis Hilfe auch ein Problem, das man mangels Erfahrung halt nicht zuordnen könnte, gleich erkennen und auch lösen kann. Und klar, Dani kann viel mehr als dass, für uns war es aber genau das, was wir in der aktuellen Situation benötigten. Zudem ist es ja nicht das Ziel, dauernd am Schrauben, sondern vor allem am Reisen zu sein. Wir wollen keine Geschicklichkeitszertifikate als Mechaniker, sondern Reiseerinnerungen sammeln. Auch ein Weg zum Overlander (sofern man das so nennen will).
Hallo Ihr zwei, wir gratulieren Euch zu der ersten Reparatur. Wir kennen das, wenn man selber in der Situation ist können andere immer leicht darüber kommentieren. Wichtig ist das Ihr die Situation voll im Griff hattet. 😉👍💪Wir wünschen Euch noch ganz viel Spass und tolle Momente in Italy. VG Bea & Bruno
Vielen Dank Bea & Bruno. Wir wünschen Euch ebenfalls viel Spass, sobald es dann los geht mit Eurem spannenden Projekt. Sind schon mächtig gespannt.
Hallo ihr beiden,
ich bin gerade dabei ein Exmo komplett selbst aufzubauen, allerdings als Maschinenbauer mit anderen Voraussetzungen. Ich habe großen Respekt vor Personen wie euch, die sich die Voraussetzungen teilweise erst hart erarbeiten. Super weiter so und viel Spaß dabei.
Aber lieber Helmuth, obwohl dein Zugang natürlich auch absolut legitim ist hab ich da einen Spruch aus der maritimen Szene (war über 20 Jahre mit dem Boot unterwegs):
«Eine Weltumfahrung zu unternehmen, bedeutet sein Boot an den schönsten Liegeplätzen dieser Welt zu reparieren». Ich denke, da liegt auch ein bisschen Wahrheit für uns Freunde der Räder drin.
Gute Reise!
Hallo Hannes, vielen Dank für Deine Nachricht und viel Erfolg bei Deinem Projekt. Wir sind natürlich sehr gespannt, wie es vorangeht. Das mit dem Boot ist natürlich eine Ansage ;-). Ja, wir sind uns schon bewusst, dass das potentiell nicht nur ein Zuhause auf Rädern, sondern auch eine kleine Baustelle auf Rädern sein kann. Die ersten 10’000 km sind aber sehr glimpflich abgelaufen. Mit etwas Pflege, den üblichen Services, Fetten, Schmieren und rücksichtsvoller Fahrweise sind wir aber, bestärkt durch das Urteil auch von Dani Abbühl, der Überzeugung, dass uns unser Steyr lange und ohne grössere Probleme begleiten wird. Ich staune immer wieder, wie viel Ideen und technisch durchdachte Konzepte dem Steyr zugrunde liegen, die ihrer Zeit weit voraus waren und für das Militär (und auch die zivile Verwendung) in robuster Weise umgesetzt wurden. Gibt es eine Seite, wo wir Euer Projekt mitverfolgen können?
Servus Helmut
Bin auf der Suche nach einem geeigneten 4×4 Gelaendefahrzeug mit Aufbau auf deine Artikel gestossen. Freut mich sehr, dass Du deine gemachten Erfahrungen teilst.
Ja…….. Nicht eine ganz einfache Sache. Und Reparaturen na ja. Da muss MANN/FRAU durch.
Ich habe vor 43 Jahren einen ausgemusterten Sanität Unimog 404S über eine Vermittler von der Deutschen Wehrmacht gekauft. In die Schweiz importiert und als Camper ausgebaut und dann ganz Afrika gemacht.
Damals mit nur 3 Landkarten für den ganzen Kontinent. Da gab es noch kein GPS, Handy, facebook etc. Der Fax war noch nicht erfunden.
Und trotzdem ging es irgendwie……
Super, dass ihr es gewagt und gemacht habt. Ich bin nun 66 und pensioniert. Möchte Australien mit einem 4×4 bereisen. Und eben…dieses mal auch mit etwas Komfort.
Und mit Komfort kommt halt auch das Gewicht. Super, wie ihr es beschrieben habt und wie ihr eure Beduerfnisse herausgeschält habt.
Bitte schreibt mir doch wie ich eure Reiseerlebnisse weiterverfolgen kann. Bin echt interessiert. Ich bin Schweizer und bin mit 56 nach Kolumbien ausgewandert. Hier betreibe ich mit meiner Frau ein Hostal.
Es gruesst
Silvio
Hallo Silvio,
Da hast Du ja richtig tolle Sachen erlebt in der Pionierzeit des heute etwas glorifizerten «Overlandings». Du kannst unsere kleinen Reisen (da wir beide noch ein wenig arbeiten dürfen) auf Facebook mitverfolgen (aktuell sind wir gerade in der Toskana: https://www.facebook.com/DestinationBlue-109154103837547
Ausführlicherer Berichte gibt es auf unserer Webseite: https://www.moneycab.com/style-reisen/destinationblue/
Alles Gute bei der Umsetzung Deiner Pläne & liebe Grüsse nach Kolumbien / Helmuth