Ferdinand Hodler und Cuno Amiet
Das Schaffen von Ferdinand Hodler (1853–1918) und Cuno Amiet (1868–1961) ist in der Sammlung des Kunstmuseums Solothurn reich vertreten.
Amiet und Hodler begegneten sich erstmals 1893; zu einer engeren Beziehung kam es 1898, als Amiet im Auftrag des gemeinsamen Sammlers Oscar Miller ein Bildnis von Hodler malte. Im selben Jahr bot dieser seinem jüngeren Kollegen eine Ateliergemeinschaft in Genf an, die Amiet jedoch ablehnte. Beide Kollegen schätzten sich gegenseitig sehr: Während Amiet voller Bewunderung für Hodlers frühe symbolistische Werke war, faszinierte Hodler etwa Amiets Paradies (1894/95), das kurz nach Amiets Rückkehr aus dem bretonischen Pont-Aven entstanden war. Nach 1900 setzte sich Amiet intensiv mit dem Schaffen von Hodler auseinander. Der Einfluss des Älteren zeigt sich vor allem in einigen von Amiets Figurenbildern wie Selbstbildnis mit Apfel(1902/03) oder Frieda Schöni (1907), das als direkte Antwort auf Hodlers Mädchen mit Mohnblume (um 1889) verstanden werden kann. Zuweilen scheint sich Amiet gleichsam am Vorbild zu messen und von ihm abgrenzen zu wollen. Schon 1904 war es zu einer spürbaren Abkühlung zwischen den beiden Künstlern gekommen. Ausgangspunkt war eine gemeinsame Ausstellung in der Wiener Sezession desselben Jahres. Hodlers Schweigen auf die massiven Vorwürfe der Wiener Kritiker, bei Amiet handle es sich um einen Hodler-Epigonen, hatte diesen tief verletzt. Denn das bereits im Vorjahr entstandene Meisterwerk Der gelbe Hügel (1903) stellte einen ersten Befreiungsschlag vom übermächtigen Vorbild dar. Als das Bild 1905 in Dresden ausgestellt war, trug es zu Amiets Verbindung zur Künstlergruppe Die Brücke und zu seiner Aufnahme im folgenden Jahr bei.
Cuno Amiet: Selbstbildnis mit Apfel, 1902/03
So offensichtlich Amiet um 1900 unter dem Einfluss von Hodler stand, so viel verdankt Hodler bei seiner Entwicklung zu einer intensiveren Farbigkeit der Auseinandersetzung mit Amiets Schaffen. Bemerkenswert ist etwa die dritte Fassung von HodlersFrühling (1907–1910), die sich untrüglich auf Amiets berühmte Serie der Gelben Mädchen (1905–1907) bezieht, die in Solothurn vollständig präsentiert werden kann. Ganz allgemein kann der lebendigere Pinselduktus in manchen von Hodlers Spätwerken seine Beschäftigung mit Amiets expressiven Gemälden der 1910er Jahre reflektieren. In der Gegenüberstellung von Hodler und Amiet werden bei beiden Malern neue Züge sichtbar: Bei Amiet kann für einmal Linearität und kompositorische Einfachheit, bei Hodler malerische Freiheit und eine fast expressive Farbigkeit entdeckt werden. Kurz vor Hodlers Tod, 1918, kam es zu einer Versöhnung zwischen den beiden Künstlern. Nach der Bekanntmachung von Hodlers Tod reiste Amiet nach Genf, um auch malend Abschied zu nehmen (Ferdinand Hodler im Sarg, 1918). Später sollte Amiet dem verehrten Freund mehrere Hommagen widmen, u.a. eine Marmorbüste sowie mehrere Ölbilder.
Im Zentrum der Ausstellung, die nach Motivgruppen und in vergleichenden Bildpaaren angelegt ist, stehen die Jahre zwischen 1893 und 1918, in denen sich die beiden Künstler persönlich begegneten. Die Ausstellung umfasst rund 90 Werke, sowohl Ölbilder wie Arbeiten auf Papier. Zum Kreis der illustren Leihgeber gehören neben bedeutenden Privatsammlungen und vielen Schweizer Museen auch die Staatsgalerie Stuttgart und das Belvedere, Wien. (km/mc/th)
Cuno Amiet: Die gelben Mädchen, 1931 (Kopie nach der verbrannten Urfassung aus dem Jahre 1905) Ferdinand Hodler und Cuno Amiet: Eine Künstlerfreundschaft zwischen Jugendstil und Moderne