Moneycab.com: Herr Nievergelt, am 12. November geht zum 20. Mal die Verleihung des Milestone-Tourismuspreises über die Bühne. Er wird von der htr hotel revue und von hotelleriesuisse verliehen und vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO im Rahmen des Innotour-Förderprogramms unterstützt. Der Schweizer Tourismus-Verband STV ist Branchenpartner. Welche Idee liegt dem Preis zugrunde?
Gery Nievergelt: Mit dem Milestone werden Innovationen aus der Tourismusbranche ausgezeichnet, die nachhaltig erfolgreich umgesetzt wurden. Der Wettbewerb hilft mit, die Innovationskraft im Tourismus und in der Hotellerie zu stärken.
Wie viele Bewerbungen sind dieses Jahr eingegangen?
In der Hauptkategorie «Innovation» gab es in diesem Jahr 62 Bewerbungen.
Und wie verhält sich diese Zahl im Vergleich zu früheren Jahren?
Sie liegt leicht unter dem Durchschnitt.
Als die Preise am 31. Oktober 2000 zum ersten Mal verliehen wurden, gab es Vorschusslorbeeren von der Agentur SDA, die sie als «Tourismus-Oscars» bezeichnete. Welchen Stellenwert im Tourismus hat der Milestone?
«Der Milestone gilt heute unbestritten als der Schweizer Tourismuspreis.»
Gery Nievergelt, Chefredaktor «htr Hotel Revue»
Der Milestone gilt heute unbestritten als der Schweizer Tourismuspreis. Zur feierlichen Preisverleihung im Kursaal Bern trifft sich jeweils praktisch die ganze Branche. In der breiten Öffentlichkeit hat der Innovationspreis allerdings noch nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient.
Den zweiten Preis erhielt vor 19 Jahren die Gemeinde Saanen für die Fussgängerzone «Gstaad Promenade». Diese ist nach wie vor eine Erfolgsgeschichte. Was aber wurde aus dem damaligen Siegerprojekt, dem Switzerland Destination Management?
Mit «Switzerland Destination Management» hat die Milestone-Jury schon sehr früh digitale Lösungen ausgezeichnet. Dass sich bei den neuen Technologien vieles sehr schnell ändert, gehört zum Prozess von Innovationen.
2019 werden Preise in den Kategorien «Innovation», «Nachwuchs», «Lebenswerk» und seit 2018 auch in einer neuen Kategorie «Premiere» vergeben. Was ist denn der Unterschied zwischen Premiere und Innovation?
Diesen Preis erhält ein Projekt, das einen neuen, originellen, überraschenden oder mutigen Ansatz zeigt, welches über grosses Potenzial zur Weiterentwicklung verfügt. Entscheidend ist der Fokus auf dieses Potenzial. Das heisst, der Milestone «Premiere» ist eine Art Förderpreis.
«Die Jury entscheidet nicht nach den Prinzipien des Föderalismus oder der Sprachzugehörigkeit.»
Schaut man die Träger der bisherigen Hauptpreise an, findet man Destinationen wie Montreux-Riviera oder die Grimselwelt, Gemeinden wie Arosa oder Zermatt, Institutionen wie die Schweizer Jugendherbergen, Firmen wie die SBB-Tochter RailAway, Installationen wie die Cabrio-Bahn aufs Stanserhorn und einzelne Hotels und Restaurants wie den Schweizerhof in Luzern oder die inzwischen geschlossene Chesa Pirani in La Punt. Achtet man beim Milestone auf Abwechslung, oder wird jedes Jahr neu entschieden?
Ausschlaggebend ist die Qualität der jeweils eingereichten Projekte. Die Jury entscheidet nicht nach den Prinzipien des Föderalismus oder der Sprachzugehörigkeit. Umso schöner, dass im Verlauf der 20 Jahre eine solche Vielfalt an Innovationen ausgezeichnet werden konnten.
Ihre Zeitung schrieb einst, der Weg des Milestone sei von «beispielhaften, einen Push-Effekt in der Branche auslösenden Projekten gepflastert». Können Sie uns einige dieser besonders nachhaltigen Projekte nennen?
Das Zitat stammt nicht von mir – ich bin erst seit sieben Jahren für die Milestone-Strategie verantwortlich. Gerne zitiere in diesem Zusammenhang jedoch die Snowboarderin und Olympiasiegerin Tanja Frieden, die als Präsidentin der mit einem Milestone ausgezeichneten „Schneesportinitiative“ an der Preisverleihung sagte: «Ein Milestone dient für mich dazu, den Weg zu pflastern, der zu weiteren Innovationen führt.»
Sogar vom «Nobelpreis des Schweizer Tourismus» schrieb eine Zeitung, als der Mystery Park in Interlaken 2003 den Milestone-Hauptpreis gewann. Wenige Jahre später war der Park pleite. Welche Vorkehren trifft die Jury, um wenn möglich Projekte mit einem grösseren Zukunftspotenzial auszuwählen?
Mit dem Nobelpreis möchte ich den Milestone dann doch nicht vergleichen. Dass der Mystery-Park auf Dauer keine Erfolgsgeschichte wurde, spricht nicht gegen die Milestone-Jury. Echte Innovation ist ein andauernder Prozess, der immer auch das Risiko eines Scheiterns in sich trägt.
In Gstaad wurde 35 Jahre gekämpft und gerungen, bis die Umfahrung und die später preisgekrönte Fussgängerzone realisiert waren. Auch andere Projekte wie die Cabrio-Bahn aufs Stanserhorn stiessen auf Opposition. Lässt das darauf schliessen, dass Innovationen immer noch auf erhebliche Widerstände stossen?
Der Tourismus ist kein Sonderfall. Die Realisierung neuer Grossprojekte ist hierzulande komplex, untersteht diversen Bewilligungsverfahren und wird kontrovers diskutiert. Das muss nicht nur negativ sein.
«Nicht immer mehr Gäste, aber gleich viel Umsatz: Das muss unser Ziel sein.»
Der Milestone verweist immer auch in die Zukunft. Wie sehen Sie persönlich die Entwicklung des Schweizer Tourismus im Allgemeinen und der Hotellerie im Besonderen im Kontext des harten internationalen Konkurrenzkampfs und des starken Preisdrucks?
Das Reisen boomt weltweit, die Masse an Touristen, die unser kleines Land besuchen wollen, nimmt weiter zu. Deshalb ist es wichtig, dass wir konsequent auf hohe Qualität setzen und dazu stehen, teurer zu sein als andere. Nicht immer mehr Gäste, aber gleich viel Umsatz: Das muss unser Ziel sein.