Indie-Film «Anora» räumt bei Oscars überraschend ab
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Los Angeles – Die Drama-Komödie „Anora“ räumt fünf Oscars ab, das Architekten-Epos „The Brutalist“ erhält drei Preise. Als bester Hauptdarsteller wird Adrien Brody geehrt, „Anora“-Hauptdarstellerin Mikey Madison sticht überraschend Favoritin Demi Moore (“The Substance“) aus.
Mit einem Budget von nur sechs Millionen US-Dollar war «Anora» zu Beginn der Filmpreis-Saison wohl kaum auf dem Radar der Experten gewesen. Neben «bester Film» holte Bakers Produktion ausserdem Oscars für die beste Regie, bestes Original-Drehbuch und den besten Schnitt.
Auch Hauptdarstellerin Mikey Madison wurde mit einem Oscar bedacht, ihrem ersten. Demi Moore, die als Favoritin gehandelt wurde, ging leer aus. «Anora» erzählt die Geschichte einer Stripperin, die sich in den Sohn eines russischen Oligarchen verliebt. In ihrer Dankesrede machte Madison deshalb auch auf die Sexarbeiterinnen-Community aufmerksam: «Ich werde sie weiterhin unterstützen und eine Verbündete sein.»
Das sind die wichtigsten Gewinner der Oscars 2025
- Bester Film: «Anora»
- Bester internationaler Film: «Für immer hier» (Brasilien)
- Beste Regie: Sean Baker für «Anora»
- Beste Hauptdarstellerin: Mikey Madison für «Anora»
- Bester Hauptdarsteller: Adrien Brody in «Der Brutalist»
- Beste Nebendarstellerin: Zoe Saldaña in «Emilia Pérez»
- Bester Nebendarsteller: Kieran Culkin in «A Real Pain»
- Beste Kamera: Laurie Crawley mit «Der Brutalist»
- Bester Schnitt: Sean Baker mit «Anora»
- Bester Ton: Gareth John, Richard King, Ron Bartlett, Doug Hemphill mit «Dune – Part Two»
- Bestes Originaldrehbuch: «Anora» von Sean Baker
- Bestes adaptiertes Drehbuch: «Konklave» von Peter Straughan
- Beste Musik: Daniel Blumenberg in «Der Brutalist»
- Bester Song: Chansonnière Camille und Clément Ducol für «El Mal» in «Emilia Pérez»
- Bester Animationsfilm: «Flow» von Gints Zilbalodi
- Bester Dokumentarfilm: «No Other Land» von Yuval Abraham, Basel Adra, Rachel Szor und Hamdan Ballal
Brody bester Hauptdarsteller
Adrien Brodys Rolle in «Der Brutalist» wirkt fast wie eine Fortsetzung seiner Darstellung des Wladyslaw Szpilman in «Der Pianist». Nachdem er 2003 für diese Rolle als jüngster Mann jemals in der Kategorie «bester Hauptdarsteller» einen Oscar gewonnen hatte, erhielt er nun seinen zweiten für die bewegende Darstellung von László Tóth – einem Immigranten und Architekten.
Mit seiner Dankesrede überschritt er seine Redezeit, was die Veranstalter mit einspielender Musik versuchten zu beenden. «Ich höre gleich auf», sagte er. «Bitte schalten Sie die Musik aus. Ich habe das schon mal gemacht.» Am Ende wurde er politisch, sprach sich klar gegen Antisemitismus und Rassismus aus und appellierte, für das Richtige zu kämpfen und eine Welt ohne Hass.
Ausserdem gewann der Film «Konklave» des in Deutschland geborenen Regisseurs Edward Berger den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch.
Der erste Oscar der Nacht
Der erste Oscar der Nacht ging an Kieran Culkin für die beste Nebenrolle in «A Real Pain». In dem Film spielt Culkin einen Mann, der gemeinsam mit seinem Cousin nach Polen reist – auf den Spuren ihrer Grossmutter, die den Holocaust überlebt hat. Es war nicht nur sein erster Gewinn, sondern auch seine erste Nominierung. Bei seiner Rede rief Culkin seiner Frau zu: «Lass uns das nächste Kind ansetzen.»
Der emotionalste Moment
Unter Tränen rief Zoe Saldaña «Maaaaami», als sie den Oscar für die beste Nebendarstellerin in «Emilia Pérez» entgegennahm. Mit Stolz sprach sie über ihre Migrationsgeschichte: «Meine Grossmutter kam 1961 in dieses Land. Ich bin ein stolzes Kind von zugewanderten Eltern.» Sie sei die erste Oscar-Gewinnerin mit dominikanischen Wurzeln. «Und ich werde nicht die letzte sein», fügte sie entschlossen hinzu.
Politische Momente
Im «Anora» verliebt sich eine Sexarbeiterin in den Sohn eines russischen Oligarchen und bietet der Familie auch Paroli. Nach den ersten Auszeichnungen sprach Moderator Conan O’Brien darüber, dass der Film einen Lauf hatte.
Die palästinensischen und israelischen Filmemacher Basel Adra und Yuval Abraham nutzten ihre Bühne, um auf das Leid ihrer Region aufmerksam zu machen: «Wir können nur Leben retten, indem wir an einem Strang ziehen.» Ihr Film «No Other Land» beleuchtet die Vertreibung von Palästinensern im Westjordanland und wurde als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Auch Feuerwehrleute sind Stars der Nacht
Heftigen Applaus und eine der längsten Standing Ovations bekam eine Gruppe von Menschen, die als Ersthelfer bei den Los Angeles Waldbränden aktiv waren. «Im Namen aller Menschen im Grossraum Los Angeles danke ich Ihnen für alles, was Sie tun», sagte Moderator Conan O’Brien zu der Gruppe.
Im Januar 2025 setzten verheerende Waldbrände der Filmmetropole stark zu. Schon bei der Grammy-Verleihung Anfang Februar erinnerten Künstlerinnen und Künstler an die Opfer. Es wurde wie auch bei den Oscars zu Spenden aufgerufen. (mc/ps)