Von Globalance
Der Titel Ihrer aktuellsten Veröffentlichung lautet «Attitude-Behavior Gap Report». Darin thematisieren Sie die sogenannte «Attitude-Behavior-Gap»: Wir handeln nicht so, wie wir es in Umfragen ankündigen. Warum fällt es uns als Individuen so schwer, umzudenken und unser Verhalten zu ändern?
Kate Heiny: Genau das wollten wir mit unserer Studie herausfinden. Wir wissen, dass es in Bezug auf nachhaltiges Modeshopping eine Diskrepanz zwischen Einstellung und Kaufverhalten gibt — also wie Konsumentinnen gern einkaufen möchten und wie sie am Ende tatsächlich handeln. Wir wollten erläutern, warum es Konsumentinnen oft schwerfällt, ihren Werten auch beim Shopping treu zu bleiben.
«Die Kundinnen werden sich zunehmend auf Kreislaufdienstleistungen einlassen. Dafür müssen wir als Industrie die technischen Möglichkeiten bereitstellen und ihnen praktische Lösungen anbieten.» Kate Heiny, Director Sustainability, Zalando
Als wir sie fragten, welche Begriffe sie mit nachhaltiger Mode verbinden, war die häufigste Antwort «Schuldgefühle» (70%). Am seltensten wurde «Spass» (44%) genannt. Jede zweite Kundin versteht nicht, was Nachhaltigkeit im Kontext von Mode bedeutet. Mit diesen Zahlen im Hinterkopf darf man zu Recht behaupten, dass nachhaltige Mode ein Imageproblem hat.
Wir glauben fest daran, dass wir dieses Imageproblem lösen können. Und wenn ich «wir» sage, dann meine ich sowohl die Modebranche, einschliesslich Zalando, als auch die Verbraucherinnen.
Wie hat diese Studie Zalandos eigenes Handeln beeinflusst?
Der Bericht enthält klare und umsetzbare Empfehlungen für die Modeindustrie und die Verbraucherinnen, wie wir gemeinsam die «Attitude-Behavior-Gap» für nachhaltige Mode schliessen können. Mit unserem neuen wertebasierten Browsing-Erlebnis haben wir bereits eine unserer Empfehlungen umgesetzt: «Sprich so über Nachhaltigkeit, dass es jeder versteht.»
«Als wir sie fragten, welche Begriffe sie mit nachhaltiger Mode verbinden, war die häufigste Antwort «Schuldgefühle» (70%). Am seltensten wurde «Spass» (44%) genannt.»
Kundinnen sind durch das neue Angebot nun in der Lage, basierend auf Werten und mithilfe von Kategorien, die ihnen wichtig sind, einzukaufen. Darüber hinaus folgen wir unserer Empfehlung «Setze auf Transparenz und nimm deine KundInnen auf die Nachhaltigkeitsreise mit» und verpflichten uns, unsere Transparenz fortlaufend zu erhöhen — sowohl bei Zalando-Eigenmarken als auch zusammen mit unseren Partnermarken — durch unsere verpflichtende Nachhaltigkeitsbewertung.
Gab es in letzter Zeit Beispiele für ein Umdenken in Ihrer do.MORE-Strategie und was hat Sie dazu bewogen, den Kurs zu ändern?
2019 haben wir unsere do.MORE-Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Die Strategie orientiert sich an bereits bestehenden Verbesserungen, wie z.B. der Kennzeichnung nachhaltigerer Artikel im Fashion Store, und brachte Zalando mit Initiativen voran, die auf alle Bereiche des Unternehmens einzahlen.
Dabei legen wir die Messlatte immer höher, um mit gutem Beispiel voranzugehen. So haben wir beispielsweise unser Ziel, bis 2023 20% unseres Bruttowarenvolumens (GMV) mit nachhaltigeren Produkten zu erwirtschaften, auf 25% angehoben. Gleichermassen haben wir unsere Nachhaltigkeitsstandards erhöht, indem wir die Mindestanforderungen an die Produkte, die für unsere Nachhaltigkeitskennzeichnung infrage kommen, angehoben haben. Zudem möchten wir unsere ethischen Standards bis 2023 schrittweise erhöhen.
Darüber hinaus stellen wir derzeit unsere Versandtaschen schrittweise von Plastik auf Papier um. Diese Umstellung ist eine Möglichkeit, auf unser Ziel hinzuarbeiten, bis 2023 auf Einwegplastik in Verpackungen zu verzichten.
Ihr Bericht plädiert für ein erhebliches Umdenken in der gesamten Branche. Welche der zehn Empfehlungen, die Sie aussprechen, ist am schwersten umzusetzen und was ist dafür nötig?
Einige der Empfehlungen, die wir geben, sind grundlegender und bieten Lösungen, die Unternehmen dabei helfen können, ihre Nachhaltigkeitsreise zu beginnen. Andere sind fortgeschrittener und für Unternehmen gedacht, die bereit sind, ihre bereits unternommenen Bemühungen zu verstärken.
«Wir müssen die Kreislaufwirtschaft in den gesamten Produktlebenszyklus integrieren, in Secondhandkleidung investieren und unsere Kundinnen bei der Pflege und Reparatur ihrer Kleidung unterstützen.»
Das Thema «Kreislaufwirtschaft» stellt eine grosse Herausforderung dar, bietet aber gleichzeitig auch eine besondere Chance. Wenn wir die Lebensdauer von Kleidung verlängern, können wir die Emissionen erheblich reduzieren. Deshalb haben wir uns verpflichtet, bis 2023 die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft anzuwenden und die Lebensdauer von mindestens 50 Millionen Modeprodukten zu verlängern, zum Beispiel durch unser «Preowned»-Angebot.
Die Kundinnen werden sich zunehmend auf Kreislaufdienstleistungen einlassen. Dafür müssen wir als Industrie die technischen Möglichkeiten bereitstellen und ihnen praktische Lösungen anbieten. Wir müssen die Kreislaufwirtschaft in den gesamten Produktlebenszyklus integrieren, in Secondhandkleidung investieren und unsere Kundinnen bei der Pflege und Reparatur ihrer Kleidung unterstützen.
Kate Heiny, Director Sustainability, Zalando Kate Heiny startete 2019 als Direktorin für das Thema «Nachhaltigkeit» bei der Zalando SE. Zusammen mit ihrem Team ist sie die treibende Kraft, die Zalandos Corporate Sustainability Strategy zum Leben erweckt und Massnahmen ableitet, um Zalando zu einer Mode-Plattform mit netto-positiver Auswirkung auf Mensch und Erde zu entwickeln. Vor ihrer Tätigkeit bei Zalando hielt Kate führende Positionen im Bereich Nachhaltigkeit bei der Target Corp. und C&A inne. Sie unterstützt ausserdem die Sustainable Apparel Coalition, bei der sie sechs Jahre lang als Vorstandsmitglied tätig war. Kate Heiny bei Linkedin |