Kunst der Lithografie

Ernst Caramelle (geb. 1952); Ohne Titel, 2010. Blatt aus einem Triptychon; Farblithographie, Druck von drei Steinen auf BFK Rives 45 x 60 cm (Blattgrösse). Edition Cestio, Zürich; 18 Expl.
Ein eindrückliche Spektrum von über achtzig Blättern erlaubt Rückschlüsse auf die ungemein vielfältigen Entstehungsmöglichkeiten der Lithographie.

Die auf dem Abstossen von Fett und Wasser basierende Technik des Flachdruckes erfährt je nach künstlerischer Intention eine andere Anwendung. Neben der herkömmlichen Technik einer Kreide- oder Tuschlithographie gilt es in der Ausstellung auch zahlreiche andere Praktiken zu entdecken. Während die einen Künstler auf den Stein wie auf ein Blatt Papier zeichnen oder malen, kombinieren die anderen geschickt verschiedene Verfahren: sie lassen Offsetdrucke und Holzschnitte mit Lithographie überdrucken, experimentieren mit verschiedenen Vorlagen oder kolorieren gedruckte Blätter von Hand. Der künstlerischen Phantasie sind (fast) keine Grenzen gesetzt – dank der aufmerksamen und professionellen Begleitung durch ihren Drucker.

Lithographie ist nicht gleich Lithographie
Das Lithographieatelier von Nik Hausmann in Séprais im Kanton Jura nahm seinen Betrieb um 1971/72 auf und zählt heute zu den bedeutenden Litho-Werkstätten Europas. Über zweihundert Künstler haben bis heute den Weg in seine Werkstatt im entlegenen Weiler gefunden. Neben Künstlerinnen und Künstlern aus dem regionalen Umfeld haben hier immer wieder auch national wie international bekannte Kunstschaffende gearbeitet: so etwa Martin Disler, Rolf Iseli, Jean Pfaff, Irène Wydler sowie vor kurzem Ernst Caramelle oder Rolf Winnewisser. Einige von ihnen sammelten bei Hausmann erste Erfahrungen, viele kehrten über Jahre immer wieder nach Séprais zurück.


Rolf Iseli (geb. 1934); Homme Champignon, 1975. Farblithographie, Druck von zwei Steinen auf Vélin d’Arches, 122 x 81 cm (Blattgrösse); Auflage: 7 Expl.

Einzelne luden den Drucker gar zu sich ins Atelier ein: so assistiert Hausmann seit 25 Jahren Franz Gertsch beim Drucken seiner monumentalen Holzschnitte. Genauso lange begleitet nun Bernard Fassbind, Literaturwissenschaftler und Kunsthistoriker, die Geschicke des Ateliers von Nik Hausmann und dessen Künstler. Aus seinen Beobachtungen sind zwölf Porträts entstanden, die nun zusammen mit einem Katalog der ausgestellten und teilweise kommentierten Werke erscheinen. Für eine Vorzugsausgabe der Publikation zur Ausstellung konnte Rolf Winnewisser gewonnen werden. Er hat für die Sonderausgabe eine vierfarbige Lithographie entworfen, die in Form eines Triptychons seine gewohnt vielschichtigen Bildwelten dokumentiert und als Leporello dem Buch beiliegt.

In der Ausstellung sind 45 Künstler des Ateliers Nik Hausmann mit mindestens einem Werk vertreten, wobei neben Auflageblättern auch einzelne Probe- und Zustandsdrucke gezeigt werden. Durch die grosse Bandbreite an künstlerischen Auffassungen und technischen Vorgehensweisen wird ein Überblick über das zeitgenössische Lithographieschaffen in der Schweiz seit den 1970er Jahren bis heute dargeboten. Zur Exposition wird ein reichhaltiges Begleitprogramm angeboten: Im Rahmen von Führungen kommen nebst Nik Hausmann auch einzelne Künstler selbst zu Wort, ausserdem wird Otto Heigold, ehemaliger Dozent für Lithographie an der Hochschule Design&Kunst in Luzern, die traditionelle Drucktechnik erläutern. (mc/th)

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