Das Kunsthaus Zürich bietet 2020 ein kontrastreiches Programm: Von der Poesie der Linie über die wilden 20er-Jahre zur Schweizer Romantik und dem resoluten Werk einer selbstbewussten Künstlerin. Den Auftakt macht eine Einzelausstellung von Olafur Eliasson.
Über den Jahreswechsel 2019/2020 laufen noch «Picasso – Gorky – Warhol» (bis 5.1.20), «Wilhelm Leibl» (bis 19.1.20) und «Die neue Fotografie» (bis 9.2.20).
17.1. – 22.3.20
OLAFUR ELIASSON
Olafur Eliasson (*1967) gehört zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern. Für das Kunsthaus Zürich entwickelt er exklusiv eine neue, ortsspezifische Installation, die eine Ausstellungsfläche von rund 1000 m2 einnimmt. Dabei geht es um das Verhältnis von uns Menschen zu den anderen Lebewesen und Spezies auf der Erde. Eliasson plädiert für Symbiose statt Verdrängungskampf und verwandelt den Museumsraum in eine immersive Gesamtinstallation, die alle unsere Sinne anspricht. Es gelingt ihm, diese wichtigen Fragen und sozialen Belange in eine Formensprache umzusetzen, die die Menschen nicht nur rational anspricht, sondern sie auch emotional berührt und körperlich bewegt.
31.1. – 26.4.20
DIE POESIE DER LINIE. ITALIENISCHE MEISTERZEICHNUNGEN
Das Kunsthaus Zürich zeigt eine Auswahl seiner kleinen, hochkarätigen Sammlung italienischer Zeichnungen, die in der Zeit zwischen Renaissance und Barock entstanden sind. Neben dem bekannten Juwel, Raffaels Studie für ein Fresko im Vatikanpalast, werden bislang unbekannte Werke von Italienern wie Correggio, Guercino und Carlo Maratti zu sehen sein, die in der Kunstgeschichte Rang und Namen haben. Beim Anblick der virtuos auf das Papier geworfenen Linien ist man der Entstehung eines Kunstwerks so nah wie nur irgend möglich.
7.2. – 3.5.20
OTTILIA GIACOMETTI – EIN PORTRÄT. WERKE VON GIOVANNI UND ALBERTO GIACOMETTI
Die Ausstellung widmet sich Ottilia, der Tochter von Giovanni und Annetta Giacometti, Schwester von Alberto, Diego und Bruno. Sie stellt die am wenigsten bekannte Figur der berühmten Künstler-Familie ins Zentrum, die 1937 bei der Geburt ihres Sohnes Silvio im Alter von nur 33 Jahren starb. Die Präsentation umfasst hochkarätige Werke aus Schweizer Museen, aus Privatbesitz und von der Fondation Alberto et Annette Giacometti (Paris), die zum Teil seit Jahrzehnten nicht zu sehen waren – insgesamt 76 Gemälde, Plastiken sowie Zeichnungen, Familienfotos und bisher noch nie gezeigtes Material zu Ottilia und der Familie Giacometti.
24.4. – 19.7.20
SCHALL UND RAUCH – DIE WILDEN ZWANZIGER. VON JOSEPHINE BAKER BIS THOMAS RUFF
Die 1920er-Jahre waren ein Jahrzehnt der Aufbrüche und Rückfälle. In keinem Moment des 20. Jahrhunderts war die Sehnsucht der Menschen nach Neuerungen so gross wie damals. Es wurden urbanistische Visionen entworfen und Städte wuchsen in rasanter Geschwindigkeit. Klassische Rollenbilder wurden hinterfragt und aufgebrochen, benachteiligte und unterdrückte Minderheiten verschafften sich Gehör in Politik und Kultur. An die Seite eines arbeitnehmergerechteren Alltags stellte sich eine wachsende Freizeitindustrie. Der hohe Innovationsgrad fand seinen direkten Niederschlag in der Experimentierfreudigkeit aller Künste. Erstmals werden in einer Ausstellung Stilrichtungen wie das Bauhaus, Dada, die Neue Sachlichkeit sowie Design- und Architekturikonen des Modernismus gemeinsam betrachtet. Das Kunsthaus zeigt die Stilheterogenität jener Aufbruchsjahre in Malerei, Plastik, Zeichnung, Fotografie, Film und Collage. Zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, die sich explizit mit der Formensprache und den Inhalten der 1920er-Jahre befassen, schlagen eine Brücke in die Gegenwart. Eine Koproduktion mit den Festspielen Zürich.
29.5. – 13.9.19
KADER ATTIA
Kader Attia wurde 1970 als Sohn algerischer Eltern in einem Vorort nördlich von Paris geboren. Die Erfahrung eines Lebens in zwei Kulturen nutzt Attia als Ausgangspunkt für seine künstlerische Praxis. Er thematisiert in seinem Werk die koloniale Vergangenheit Europas sowie der westlichen Welt und deren Folgen.
Seine Skulpturen, Installationen, Fotos und Videos zeichnen sich durch einen hohen ästhetischen und ethischen Wert aus. Sie widmen sich den Krisen und gesellschaftspolitisch relevanten Fragen unserer Zeit. Im Zentrum steht ein neues monumentales Werk, das der Künstler für das Kunsthaus realisiert.
4.7. – 8.11.20
LANDSCHAFTEN – ORTE DER MALEREI
Die Ausstellung fügt über 50 herausragende Gemälde zu einem Panorama der Landschaftsmalerei zusammen. Es handelt sich um Werke aus den Beständen des Kunsthauses, die zwischen 1500 und 1800 in Flandern, Holland, Italien und Frankreich entstanden sind. Zu den Künstlern zählen u. a. Joachim Patenier, Hendrick Avercamp, Jan van Goyen, Jacob van Ruisdael, Claude Lorrain, Domenichino und Bernardo Bellotto. Neuartig ist die parallele Präsentation frühmoderner Landschaften von van Gogh, Segantini und Monet. Diese Künstler reagierten auf das weite Land, das die Alten Meister auf so prägende Weise gemalt hatten, anders. Die horizontale Inszenierung ihrer Werke erschliesst dem Betrachter diese neue Dimension.
4.9. – 6.12.20
IM HERZEN WILD: SCHWEIZER ROMANTIK VON FÜSSLI BIS BÖCKLIN
Ob Szenerien der ungebändigten hochalpinen Natur, dramatische Wendepunkte in der Schweizer Geschichte oder aufwühlende Schiffbrüche: Die Ausstellung zur Schweizer Romantik verwandelt das Kunsthaus Zürich in ein Panorama der grossen Gefühle. Mit über 150 Werken spannt die Schau einen Bogen von Johann Heinrich Füssli über Alexandre Calame bis zum frühen Arnold Böcklin. Sie führt den eminenten Beitrag der Schweizer Künstler zur Entwicklung der europäischen Landschaftsmalerei vor Augen und lässt die Faszination für das ewige Eis der Gletscher und die erhabene Bergwelt nacherleben. Die Romantik erschliesst zudem Erfahrungsbereiche, die jenseits unseres rein rationalen Denkens liegen. Leidenschaft, Hingabe an die Sinne und die Faszination für das Unerklärliche sind zentrale Elemente, die die Kunst dieser Epoche aufruft. Sie spiegeln ein Lebensgefühl wider, das als Alternativentwurf zu unserem durchrationalisierten Lebensalltag derzeit wieder eine Hochkonjunktur erlebt.
4.12.20 – 5.4.21
OTTILIE W. ROEDERSTEIN
Ottilie Wilhelmine Roederstein (1859 – 1937) war zu ihren Lebzeiten eine erfolgreiche und unabhängige Malerin, die grosse Anerkennung für ihre Porträts und Stillleben fand. Ab 1883 stellte sie ihre Gemälde mit Erfolg in Paris aus. 1912 vertrat sie die Schweiz als einzige Künstlerin bei der epochalen internationalen Kunstausstellung des Sonderbundes in Köln – neben Giovanni Giacometti, Ferdinand Hodler und Cuno Amiet. Trotz ihrer einst internationalen Wertschätzung ist Roederstein in Vergessenheit geraten. 83 Jahre nach ihrem Tod organisiert das Kunsthaus Zürich die erste monografische Werkschau in der Schweiz. Anhand von 60 Werken wird das stilistisch vielfältige Œuvre der Künstlerin nach langer Zeit wieder zugänglich.
Mehr Besucher und mehr Mitglieder
Absehbar ist, dass das Kunsthaus 2019 mit steigenden Besucherzahlen (rund 270’000 Eintritte nach 228’642 im Vorjahr) abschliessen wird und der Trägerverein mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedern (plus 5,7 % auf 19’688 Personen) ins neue Jahr starten kann. Der vorläufige Jahresabschluss lässt ein ausgeglichenes Resultat erwarten. Genauere Zahlen werden an der Generalversammlung der Zürcher Kunstgesellschaft Ende Mai 2020 vorgelegt. (mc/pg)