Zürich – Vom 17. Juli bis 8. November 2020 zeigt das Kunsthaus anhand von rund 60 Gemälden die Entwicklung der Landschaftsmalerei seit dem 15. Jahrhundert. In der Wertschätzung zunächst hinter Historienbildern und der Porträtmalerei rangierend, erkämpfte sich das Genre ab dem 17. Jahrhundert mehr und mehr die Gunst des Publikums.
Die Ausstellung fügt herausragende Gemälde, die zwischen 1450 und 1800 entstanden, zu einem Panorama der Landschaftsmalerei zusammen. Es handelt sich um Werke aus den Beständen des Kunsthauses, die in Deutschland, der heutigen Schweiz, Flandern, Holland sowie Italien entstanden sind. Zu den Künstlern zählen u.a. Joachim Patinir, Hendrick Avercamp, Jan van Goyen, Jacob van Ruisdael, Claude Lorrain, Domenichino und Bernardo Bellotto.
Die Natur als zweite Bibel
Am Anfang stehen einige spätmittelalterliche Bilder, in denen die Landschaft in erster Linie dazu dient, eine dargestellte biblische Szene – etwa die Geburt Christi – zu beleben und ins rechte Licht zu rücken. Es folgen dann Landschaften der niederländischen und italienischen Kunst des 16. Jahrhunderts, darunter Werke von Adriaen Isenbrant, Joachim Patinir und einem Tizian zugeschriebenen Gemälde. Mit dem exzellent vertretenen Flamen Jan Brueghel (1568–1625) wird der Beginn der ganz grossen Epoche der Landschaftsmalerei eingeläutet: die des 17. Jahrhunderts, in dem vor allem auch die holländische Malerei die Gattung der Landschaftsmalerei in ganz neue Höhen trägt. Für das Barock ist die Natur die zweite Bibel: Holländische Künstler, bei denen aufgrund der vorherrschenden protestantischen Konfession religiöse Motive im engeren Sinne in den Hintergrund treten, entwickeln eine reiche Tradition der Landschaftsmalerei. Zu sehen sind Werke von Hendrick Avercamp (1585–1634), Jan van Goyen (1596–1656), Jacob van Ruisdael (1628/29–1682), Nicolaes Berchem (1621/22–1683), aber auch die zu entdeckende «Alte Meisterin» Margareta de Heer (1600/1603–1665) mit einem einzigartigen kleinen Gemälde, das die Fernsicht auf eine Landschaft mit der Nahsicht auf eine Gartenszene kombiniert.
Von Holland nach Italien
An die Präsentation der holländischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts schliessen sich in der gleichen Zeit in Italien entstandene Ansichten an. Neben je einem Werk Domenichinos und Salvator Rosas zwei prachtvolle Gemälde (eines aus der Sammlung, das andere eine Dauerleihgabe aus Privatbesitz) des aus dem heutigen Frankreich stammenden, aber vornehmlich in Italien tätigen Claude Lorrain (um 1600–1682). Einige bedeutende Landschaftsdarstellungen des 18. Jahrhunderts aus Italien – etwa von Bernardo Bellotto (1721–1780) – bilden den Hauptteil der Präsentation.
Mit dem Auge des Betrachters
Ebenfalls einbezogen wird eine Reihe von Werken aus dem späten 19. und dem 20. Jahrhundert. In frühmodernen Landschaften reagieren Künstler wie Vincent van Gogh, Giovanni Segantini und Maurice de Vlaminck auf das weite Land, das die Alten Meister auf so prägende Weise gemalt hatten, auf eindrucksvolle Weise anders. Ebenfalls berücksichtigt wurde ein bedeutendes Ensemble von Werken des amerikanischen Nachkriegskünstlers Cy Twombly, der sich von Italien aus mit den Orten und Mythen der Antike auseinandersetzte.
Zürich liest zu Gast im Kunsthaus
Bäume prägen nicht nur Landschaften, sie dienen auch als Projektionsfläche für den Menschen und sind unverzichtbarer Teil des Ökosystems, das uns erhält. Die Dichterin und Malerin Mariana Fedorova, der Musiker Ronny Spiegel und der Dramatiker Patrick Boltshauser präsentieren ihr literarisch-musikalisches Programm mit dem Titel «Dir das Gemüt grün färben» am Samstag, 24. Oktober um 11 Uhr im Vortragssaal des Kunsthauses. Eine Veranstaltung im Rahmen von Zürich liest.
Eintritt CHF 16.–/11.– reduziert – inklusive Besuch der Ausstellung.
Publikation und Vermittlung
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (Verlag Scheidegger & Spiess, 144 Seiten, CHF 29.–). Er dokumentiert den Forschungsstand zu den einzelnen Altmeister-Werken (Yves Guignard) und enthält nebst einem einführenden Essay (Philippe Büttner) einen ausführlichen neuen Text von Paul Joannides zum 2019 erworbenen, Tizian zugeschriebenen Landschaftsbild.
An öffentlichen Führungen (Donnerstag 23. Juli, 18 Uhr, Samstag 22. August, 13 Uhr und Freitag 9. Oktober, 15 Uhr) kann die aus eigenen Beständen, aus Dauerleihgaben der Sammlung Knecht und den Stiftungen Ruzicka und Koetser für kurze Zeit gemeinsam präsentierte thematische Hängung vertieft studiert werden. (Kunsthaus Zürich/mc/ps)