Ausschnitte aus Werken Pierre Bonnard’s.
Zürich – Das vierteilige Werk «Frauen im Garten», das Pierre Bonnard 1890/91 entwarf, ist die erste, nicht vollendete Fassung eines Paravents, dessen zweite, weiter ausgeführte Fassung sich im Musée d’Orsay in Paris befindet. Konservatorische Probleme wie Farbverlust oder Schichtentrennung führten zur Entscheidung, das Werk zu restaurieren. In der kommenden Japonismus-Ausstellung erstrahlt es in neuem Glanz.
Pierre Bonnard, 1867 bei Paris geboren, war einer der Hauptvertreter der Künstlergruppe Nabis («Propheten»), die sich 1889 gründete und die den Stil von Paul Gauguin und die japanische Holzschnittkunst verehrte. Mit der kühnen Darstellung von vier unterschiedlich grossen Frauenfiguren betrat Bonnard Neuland.
Der nie vollendete Paravent
Die Tafeln waren ursprünglich als vierteiliger Paravent geplant, wurden aber von Bonnard demontiert, da ihm die Teile zu sehr als eigenständige Bilder erschienen. Seit 1984 sind die «Panneaux décoratifs» im Besitz des Kunsthaus Zürich und dauerhaft ausgestellt. Trotz regelmässiger Pflege war ihr Zustand fragil. Dies ist unter anderem auf Bonnards Maltechnik sowie die von ihm verwendeten Materialien und deren Kombination zurückzuführen. Dem Wunsch folgend, die Malerei matt erscheinen zu lassen, verwendete Bonnard bindemittelarme, wenig glänzende Farbe, die er auf unpräpariertes Papier aufbrachte. Dieses saugte das Bindemittel auf und hinterliess die gewünschte matte Malerei. Unglücklicherweise führte diese Art des Farbauftrages früh zu Haftungsproblemen. Besonders in Bereichen mit pastoser oder mehrschichtiger Malerei lösten sich kleine Farbschollen von der darunterliegenden Schicht. Zahlreiche kleine Fehlstellen und aufstehende Farbschollen waren die Folge. Um das Werk weiterhin für Besucher zugänglich zu halten und ausleihen zu können, wurde es von März bis September 2014 restauriert.
Mikroskopiert und kartiert
Zuerst wurden die vier Tafeln mit dem Stereomikroskop auf ihren Erhaltungszustand hin untersucht. Der Zustand wurde kartiert. Das Ausmass der Schäden und der Umfang der erforderlichen Massnahmen zeichneten sich ab. Allgemein konnte bei den zu festigenden Bereichen zwischen zwei Schadensphänomenen unterschieden werden: Bereiche mit sattem Farbauftrag und aufstehenden Farbschollen, wo partielle Eingriffe ausreichend waren und solche, die einer ganzheitlichen Behandlung bedurften, da sie durch Bindemittelabbau zu pudernder Oberfläche tendierten. Vor der Behandlung wurden geeignete Festigungsmittel und die Art des Einbringens zwischen Malgrund und Pigmentschicht getestet. Sehr matte und unterbundene Farben neigen bei Kontakt zu Verdunklung, Glanz- oder Randbildung, was es zu vermeiden galt. Das geeignete Festigungsmittel wurde schliesslich gefunden, mit einem spitzen Pinsel unter die aufstehende Scholle aufgetragen und mit einem Silikonspatel angedrückt. Dabei betrachtete die Restauratorin jeden ihrer Schritte durch ein Mikroskop.
Wozu die dicken Bleistiftlinien?
Streiflichtaufnahmen aus «Frau mit kariertem Kleid» liessen erkennen, dass in einigen Farbbereichen die Farbe sehr grobkörnig ist. Unter dem Mikroskop waren einzelne Pigmentkörner sichtbar, was den Schluss zuliess, dass Bonnard nicht die damals neuen Tubenfarben verwendete, sondern seine Farben aus Pigment und Bindemittel selbst auf der Palette zusammen mischte. Die auf Papier entworfenen Frauenfiguren sind frei mit Kohle skizziert. Deshalb sind des Malers eigene Korrekturen sichtbar, ebenso wie Andeutungen von Licht und Schatten. Unterschiedlich weit arbeitete er anschliessend mit Farbe auf diese Studien – nahezu blattfüllend, wie bei der «Dame im karierten Kleid», oder nur partiell und in wenigen Farbtönen, wie bei «Frau sitzend». Kräftig aufgetragene Bleistiftlinien auf den Konturen der Figuren könnten zum Übertragen der Umrisse auf die 2. Fassung, die sich heute im Musée d’Orsay befindet, entstanden sein.
Zu sehen in Japonismus-Ausstellung
Dank grosszügiger Unterstützung durch den Kunstversicherer Nationale Suisse wurde die Restaurierung dieses Hauptwerkes des Kunsthaus Zürich möglich. Die einzelnen Schritte sind auf der Website www.kunsthaus.ch im Bereich Sammlung dokumentiert. Bald wird das Werk wieder zu sehen sein – zuerst in der Ausstellung «Monet, Gauguin, van Gogh… Inspiration Japan», die vom 20. Februar bis 25. Mai 2015 im Kunsthaus Zürich präsentiert wird. Die Zusammenarbeit zwischen Nationale Suisse und dem Kunsthaus wird fortgesetzt: 2015 werden Zeugnisse der Dada-Bewegung digitalisiert und 2016 steht die Restaurierung des Gemäldes «Velocità d’Automobile Luce Rumore» des Futuristen Giacomo Balla auf dem Programm. (KHZ/mc/hfu)