Die Kuratoren (v.l.n.r.): Mirjam Varadinis, Philippe Büttner, Oliver Wick, Bernhard von Waldkirch, Christoph Becker (Direktor), Cathérine Hug. (Foto © Markus Bühler-Rasom)
Zürich – Das Kunsthaus Zürich zieht eine positive Bilanz des Jahres 2013. Die Besucherzahl stieg um mehr als 25% auf 315‘000 Eintritte. Das neue Jahr startet mit spannenden Kombinationen und grossen Namen. «Von Matisse zum Blauen Reiter» widmet sich dem Expressionismus in Deutschland und Frankreich. Cindy Sherman wird mit einer Retrospektive geehrt. Im Dialog mit Jenny Savilles Körpermalereien erfahren Egon Schieles Werke neue Aktualität. Antoine Bourdelle und Alberto Giacometti erhalten klassische Einzelausstellungen, während sich ältere Schweizer von zeitgenössischen Positionen herausfordern lassen: Johann Heinrich Füssli trifft auf Javier Téllez und Ferdinand Hodler auf Jean-Frédéric Schnyder.
Das Kunsthaus Zürich hat das Jahr 2013 erfolgreich abgeschlossen. Gezählt wurden rund 315‘000 Eintritte (Vorjahr: 248‘600), ein Viertel mehr als 2012. Die Jahresrechnung wird voraussichtlich einen Gewinn ausweisen. Dazu hat insbesondere die Ausstellung «Chagall» (123‘000 Besucher) beigetragen, die Grafik von Edvard Munch sowie «Felix Vallotton. Schöne Zeiten». Dieser Präsentation von eigenen Werken und privaten Leihgaben ist die gleichbleibend hohe Besucherfrequenz in der Sammlung (145‘000 Besucher) zu verdanken. Die Anzahl Mitglieder in der Zürcher Kunstgesellschaft ist mit 21‘170 Personen stabil (Vorjahr 21‘198). Bei leicht steigenden Besucherzahlen wird für das laufende Jahr ein ausgeglichenes Resultat erwartet. Für die folgenden Jahre arbeitet das Kuratorenteam um Christoph Becker an Ausstellungsprojekten zu Edouard Manet, Performance-Kunst und Joan Miró. Das Programm 2014 reicht von der Gegenwartskunst zurück bis ins 18. Jahrhundert.
Von Matisse zum blauen Reiter. Expressionismus in Deutschland und Frankreich: 7. Februar – 11. Mai 2014
«Expressionismus» wird allgemein als deutsche Bewegung verstanden. Die Ausstellung rückt die Verhältnisse ins richtige Licht. Sie zeigt auf, dass der Expressionismus keine nationale Bewegung war, sondern vielmehr eine im Geiste des Kosmopolitismus und produktiven Austauschs entstandene: Deutsche Künstler befassten sich mit Seurat, Signac und den Postimpressionisten. Es folgten Gauguin, Cézanne und Matisse. Mit wahren Farbexplosionen reagierten die Mitglieder der «Brücke» und des «Blauen Reiters» auf die Werke der französischen Neoimpressionisten und der «Fauves». Eifrig wurde französische Kunst in Deutschland gesammelt, ausgestellt und von fortschrittlichen Museumsdirektoren angekauft. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Los Angeles County Museum of Art und dem Musée des beaux-arts in Montréal. In Europa wird sie nur in Zürich zu sehen sein.
Unterstützt von Credit Suisse – Partner des Kunsthaus Zürich
Alberto Giacometti. Zeichnungen und Aquarelle: 28. Februar – 25. Mai 2014
Das familiäre Konvolut, 2012 durch das Legat Bruno Giacometti ins Kunsthaus gekommen, repräsentiert Alberto Giacomettis (1901–1966) Schaffen von den frühen Jahren in Stampa bis in die Pariser Zeit. Darunter befinden sich Kopien nach Werken Dürers, Mantegnas, Holbeins und Hodlers, die Giacometti bereits zwischen dem 12. und 15. Lebensjahr anfertigte. In den 1920er Jahren folgten Studien nach romanischen und ägyptischen Plastiken, in den 1930er Jahren setzte sich Giacometti mit Matisse, Cézanne und Rodin auseinander, wobei sehr eigenwillige Umsetzungen entstehen. Weiter werden bedeutende Bildnisse von Familienangehörigen und diverse Selbstporträts gezeigt. Landschaften bei Stampa und Maloja, Atelieransichten und Figurenstudien aus den 1950er und 1960er Jahren runden die Auswahl ab.
Antoine Bourdelle. Sappho: 21. März – 6. Juli 2014
Antoine Bourdelle (1861–1929) bildet mit Rodin und Maillol das Dreigestirn der frühmodernen französischen Plastik. Das Kunsthaus besitzt von ihm drei Werke, das bedeutendste darunter ist seine grossformatige Darstellung Sapphos, der berühmtesten Dichterin der Antike. Frisch restauriert erhält sie wieder ihren gebührenden Platz in der bedeutenden Gruppe französischer und in Frankreich entstandener Plastik, für die das Kunsthaus zu Recht Bewunderung findet. Die Präsentation stellt das restaurierte Werk vor und erschliesst es im Kontext.
Cindy Sherman – United Horrors: 6. Juni – 14. September 2014
Cindy Sherman (*1954) blickt auf eine lange Karriere zurück. Jetzt erhält sie ihre erste Einzelausstellung in Zürich. Im Zentrum der Retrospektive «Cindy Sherman – Untitled Horrors» steht das Groteske und Schaurig-Schreckliche in ihrem Werk, von den Anfängen bis zu den neuesten Arbeiten. Cindy Sherman hat ihre Fotos immer mit «Untitled» bezeichnet. Sie lässt die Lesart der Bilder offen, lädt die Betrachter ein, in den Fotos angelegte Geschichten selber zu entwickeln und sich einen Titel auszudenken. Ihre ersten Werke produzierte Sherman bei sich zu Hause mit Selbstauslöser. Damals wie heute geht es um die Inszenierung von verschiedenen (Geschlechter-)Rollen und ständig wechselnden Identitäten. Diese frühen Werke aus den 1970er Jahren werden zum ersten Mal umfassend gezeigt – in Kooperation mit dem Astrup Fearnley Museet, Oslo, und dem Moderna Museet, Stockholm.
Ein Kulturengagement von Swiss Re – Partner für zeitgenössische Kunst.
Die Fackeln des Prometheus. J.J. Güssli und Javier Téllez: 20. Juni – 12. Oktober 2014
Die titanische Gestalt des Prometheus fand in Dichtung, Malerei und Musik seit der europäischen Romantik eine vielfältige Resonanz. Für Goethe und Füssli wurde der antike Mythos vom Feuerraub zum Inbegriff einer um Selbstbestimmung ringenden Menschheit. Diese weltumspannende Botschaft lebt noch heute im Olympischen Feuer fort. Mit dem Nutzen kamen auch die Plagen. Davon handelt die Film-Installation des venezuelanischen Künstlers Javier Téllez. Zwei Skulpturen werden in einer langsamen Rotationsbewegung umkreist: der prometheische Männerakt des Nationalsozialisten Arno Breker und der «entartete» Zwitter des Art Brut-Künstlers Karl Genzel. Die Ausstellung konfrontiert Gemälde und Zeichnungen von J. H. Füssli aus der Kunsthaus-Sammlung mit diesem kapitalen Werk der Gegenwartskunst.
Javier Téllez: 5. September – 30. November 2014
Javier Téllez wurde 1969 in Venezuela geboren. Mit Beteiligungen an wichtigen internationalen Gruppenausstellungen wie der documenta 13 hat sich der in New York und Berlin lebende Künstler einen Namen gemacht. Die Ausstellung ist seine erste Einzelausstellung in einer grösseren Institution in der Schweiz. In Videos und Videoinstallationen rückt Téllez Menschen ins Zentrum, die am Rande der Gesellschaft stehen. Er thematisiert Fragen von Normalität und Anderssein und arbeitet oft mit Laienschauspielern, wie Patienten aus psychiatrischen Kliniken. Téllez geht es um eine Hinterfragung des Begriffs des «Fremden» oder «Anderen», wie auch um eine kunst- und filmhistorische Reflexion des Mediums Film. In Zusammenarbeit mit dem SMAK in Gent.
Ferdinand Hodler / Jean-Fréréric Schnyder: 12. September 2014 – 26. April 2015
Grundlage der Ausstellung, deren Konzept und Realisation der Künstler Peter Fischli verantwortet, ist der umfangreiche Bestand von über 90 Gemälden und mehreren Hundert Zeichnungen Ferdinand Hodlers im Kunsthaus. Konzeptuell darauf bezogen, sind Jean-Frédéric Schnyders Bilderzyklen «Berner Veduten» (1982–1983) und «Am Thunersee» (1995) zu sehen. Mit den «Veduten» hatte sich Schnyder (*1945) erstmals in die stark von Hodler geprägte Tradition der Pleinair-Malerei eingereiht. Zugleich trennt ihn seine Vorgehensweise, die vom sorgsamen Abarbeiten der Möglichkeiten ausgedehnter Bilderreihen lebt, wesentlich von dem bekanntesten Schweizer Maler des 19 Jahrhunderts. Jenseits von Ikonografie und Kategorisierungen erlaubt es die Ausstellung, am künstlerischen Blick auf die Umsetzung der Welt in Malerei Anteil zu nehmen.
Egon Schiele – Jenny Saville: 10. Oktober 2014 – 18. Januar 2015
Das Werk Egon Schieles (1890–1918) wird den Gemälden und Zeichnungen der 1970 geborenen britischen Künstlerin Jenny Saville gegenübergestellt. Es kommt zu einer offene Begegnung zweier «Jungstars», die trotz grosser zeitlicher Distanz und bei aller malerischen Unterschiedlichkeit, beharrlich der Körperlichkeit und dem Selbstbildnis eine eindringliche Leiblichkeit abgewinnen und in Malerei übersetzen. Schieles meist kleinformatige Selbstbildnisse steigern sich durch Pose, pointierte Untersicht und malerischen Duktus zu einer geballten Bildkraft, die in nichts den gigantischen Formaten Savilles nachsteht. Gerade im frappanten Unterschied der Bildformate liegt auch die visuelle Herausforderung dieser Präsentation zweier malerischer Positionen, die trotz scheinbarer Expressivität bis in den kleinsten Pinselhieb durchdacht sind.
Diverse Kooperationen
Das Kunsthaus setzt seine Kooperation mit dem Zürcher Kammerorchester fort. Infos und Tickets unter www.zko.ch. Die Ausstellung «Prometheus» ist ein Beitrag an die Festspiele Zürich. Der Tag der offenen Tür am 12. April wird von Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste mitgestaltet. Noch bis ins Frühjahr läuft ein Projekt für Menschen mit Demenz gemeinsam mit der Universität Zürich. Als Partner für ausstellungsbegleitende Veranstaltungen konnten das Literaturhaus Zürich sowie Dozenten verschiedener in- und ausländischen Universitäten gewonnen werden.
Allgemeine Informationen
Auf www.kunsthaus.ch kann das Programm angesehen und heruntergeladen werden. Auf Facebook, per elektronischem Newsletter und im Kunsthaus-Magazin informiert das Kunsthaus über aktuelle Ereignisse.
Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1, CH–8001 Zürich
Tel. +41 (0)44 253 84 84,
Fr–So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr. Feiertage: siehe www.kunsthaus.ch.
Eintritt Sammlung inkl. Audioguide d/e/f/i: CHF 15.–/10.– reduziert und Gruppen. Ausstellungen bis 22.– /17.– reduziert und Gruppen. Kombi-Tickets Sammlung und Ausstellung 25.-/18.-. Bis 16 Jahre Eintritt frei. Gratis-Eintritt, Rabatte und weitere Leistungen mit Jahresmitgliedschaft 2014: Erwachsene CHF 115.-/ Jugendliche bis 25 Jahre CHF 30.-/Paare CHF 195.-
Vorverkauf: SBB RailAway-Kombi. Ermässigung auf Anreise und Eintritt: am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. ab Festnetz), www.sbb.ch. Magasins Fnac: Verkaufsstellen CH: Rive, Balexert, Lausanne, Fribourg, Pathé Kino Basel, www.fnac.ch; F: Carrefour, Géant, Magasins U, 0 892 68 36 22 (0.34 €/min), www.fnac.com; BE: www.fnac.be. (Kunsthaus Zürich/mc/ps)