Kunsthaus Zürich: «Von Matisse zum Blauen Reiter. Expressionismus in Deutschland und Frankreich»

Kunsthaus Zürich: «Von Matisse zum Blauen Reiter. Expressionismus in Deutschland und Frankreich»

Alexej Jawlensky, Mädchen mit Pfingstrosen, 1909, Öl auf Karton, 101 x 75 cm, Kunst- und Museumsverein Wuppertal.

Zürich – Vom 7. Februar bis 11. Mai 2014 findet im Kunsthaus Zürich die Ausstellung «Von Matisse zum Blauen Reiter. Expressionismus in Deutschland und Frankreich» statt. Über 100 Werke von Cézanne, Gauguin, Matisse oder Delaunay korrigieren im Vergleich mit Schmidt-Rottluff, Kirchner, Pechstein u.a. die allgemeine Ansicht, der Expressionismus sei eine ausschliesslich deutsche Erfindung. Die ebenso erkenntnisreiche wie farbintensive Schau reist anschliessend in die USA und nach Kanada weiter.

«Expressionismus» wird heute gemeinhin als deutsche Bewegung verstanden, ungeachtet der Tatsache, dass er sich am Anfang des 20. Jahrhunderts aus einer lebhaften Auseinandersetzung von deutschen Künstlern mit der Klassischen Moderne in Frankreich entwickelte und die aktuelle französische Kunst in Deutschland präsent war. «Van Gogh traf moderne Kunst wie ein Blitzschlag», schrieb ein deutscher Beobachter über den Einfluss des Malers auf die deutschen Künstler zu einer Zeit, als diese bereits Seurat, Signac und die Postimpressionisten rezipierten. Es folgten Cézanne, Gauguin und Matisse. Mit wahren Farbexplosionen reagierten die Künstler der «Brücke» und des «Blauen Reiters» auf die Werke der französischen Postimpressionisten und der «Fauves». Französische Kunst wurde in Deutschland auch eifrig gesammelt, ausgestellt und von fortschrittlichen Museumsdirektoren für die eigenen Sammlungen erworben.

Einzige Station in Europa
Die Ausstellung rückt die Verhältnisse ins richtige Licht. Sie zeigt, dass der Expressionismus eine im Geiste des Kosmopolitismus entstandene Bewegung ist, die von produktivem Austausch geprägt war. Zu über 100 Meisterwerken von 37 Künstlerinnen und Künstlern werden neue Forschungsergebnisse dieser bisher kaum wissenschaftlich nachgezeichneten Rezeptionsgeschichte präsentiert. Kuratorin für die einzige Station in Europa ist Cathérine Hug. Zusammen mit Timothy O. Benson, dem am Robert Gore Rifkind Center für Studien auf dem Gebiet des deutschen Expressionismus tätigen Kurator, ist es dem Kunsthaus Zürich gelungen, Gemälde und Grafiken zusammenzutragen, die zur damaligen Zeit in wichtigen Ausstellungen und Sammlungen vertreten oder von deutschen Künstlern in Paris eingehend studiert worden waren. Diesen Werken werden «Pendants» gegenübergestellt, in denen die Wirkung der «Vorbilder» deutlich erkennbar ist.

Berliner Secession, Sonderbund und andere Einflüsse
Nicht mehr die Umwelt wie beim Impressionismus und Divisionismus, sondern die inneren Empfindungen und Befindlichkeiten des Künstlers finden ihren formalen Ausdruck und ihre kraftvolle, energiegeladene Sprache in der Kunst. Im eher groben Duktus widerspiegeln sich die Ängste, aber auch die Hoffnungen einer äusserst produktiven und bewegten Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Unverkennbar ist der grosse Einfluss, den Vereinigungen wie die «Berliner Secession» oder der «Sonderbund» in Köln, Galeristen, Kunsthändler und Sammler wie Paul Cassirer, Harry Graf Kessler oder Karl Osthaus auf das Kunstgeschehen hatten. Progressive Museumsdirektoren bestückten ihre Sammlungen mit Meisterwerken des Impressionismus, des Postimpressionismus und des Fauvismus und erregten öffentliches Aufsehen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse anschaulich vermittelt
Neben einem Parcours durch die europäische Kunstgeschichte von Paris bis Berlin reflektiert die Ausstellung neue Untersuchungen über deutsch-französische Beziehungen am Beginn des 20. Jahrhunderts. Es sind frappierende Sehweisen und neue Wege zum Verständnis des Expressionismus, die sich erstaunlich schnell erschliessen. Das Kunsthaus Zürich inszeniert die Werke nach thematischen und formalen Gruppen: van Gogh, Paris, Fauves, Berlin, Kubismus, Brücke, Blaue Reiter. Die Besucher erwartet eine sinnliche Gesamterfahrung mit überraschenden Gegenüberstellungen. Die expressive Kraft der Werke und ihr Bezug zueinander sind für das Publikum sofort spürbar und leicht verständlich. Ein Bereich mit historischen Materialien – Drucksachen wie Quellentexte, Archivalien, Fotografien und Pressestimmen – verdeutlicht zudem die wissenschaftliche Leistung der Ausstellung.

Leihgaben aus den bedeutendsten Museen der Welt
Die rund 70 Gemälde, 30 Druckgrafiken und 40 historischen Dokumente stammen aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Europa und Übersee. Zu den berühmtesten Leihgebern zählen das Musée d’Orsay, die Tate, das Metropolitan Museum, New York, die National Gallery of Art Washington, die Nationalgalerie Berlin, das Folkwang Museum und die Merzbacher Kunststiftung. Die Ausstellung wird anschliessend im Los Angeles County Museum of Art (LACMA) und im Musée des beaux-arts de Montréal gezeigt. Timothy O. Benson zeichnet für die wissenschaftliche Erarbeitung und die Kooperation zwischen dem Kunsthaus und dem LACMA verantwortlich. Seine jüngsten Forschungsergebnisse sind neben Essays von Laird M. Easton, Claudine Grammont, Frauke Josenhans, Katherine Kuenzli, Peter Kropmanns, Magdalena M. Moeller und Sherwin Simmons sowie einem Gespräch zwischen Cathérine Hug, Georg Baselitz und Robert Menasse im umfangreichen Katalog versammelt (Prestel, 304 S., ca. 200 farbige Abb., CHF 58.- im Kunsthaus-Shop).

Unterstützt durch die Credit Suisse – Partner des Kunsthaus Zürich sowie durch die Truus und Gerrit van Riemsdijk Stiftung und die Ernst von Siemens Kunststiftung

Eintritt inkl. Audioguide in drei Sprachen
Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1, CH–8001 Zürich, Tel. +41 (0)44 253 84 84, www.kunsthaus.ch. Offen: Fr–So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr. Feiertage: Ostern 18.-21. April, 1. Mai: 10–18 Uhr.
Eintritt Ausstellung inkl. Audioguide d/e/f: CHF 22.-/17.- reduziert und Gruppen. Kombiticket inkl. Sammlung: CHF 25.–/18.– reduziert und Gruppen. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre gratis.
Vorverkauf: SBB RailAway-Kombi. Ermässigung auf Anreise und Eintritt: am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. ab Festnetz), www.sbb.ch/matisse. Zürich Tourismus: Hotelzimmer-Buchung und Ticketverkauf. Tourist Service im Hauptbahnhof, Tel. +41 44 215 40 00, [email protected], www.zuerich.com. Magasins Fnac: Verkaufsstellen CH: Rive, Balexert, Lausanne, Fribourg, Pathé Kino Basel, www.fnac.ch.

Kunstvermittlung und wissenschaftliches Rahmenprogramm
An mehreren Wochentagen finden öffentliche Führungen statt: Mittwoch und Donnerstag 18 Uhr, Freitag 15 Uhr und Sonntag 11 Uhr. Samstags von 15 bis 16 Uhr werden vernetzte Führungen angeboten. Sie verbinden die Inhalte der Ausstellung mit Werken aus der Sammlung des Kunsthauses. Private Führungen auf Anfrage.

Ein umfassendes museumspädagogisches Programm mit Gesprächen, Workshops und Führungen richtet sich an alle Generationen und ist online aufgeschaltet.
Ein wissenschaftliches Begleitprogramm umfasst drei Veranstaltungen:

  • Mi 26. März, 18.30–20 Uhr: Prof. Dr. Alexandre Kostka (Université de Strasbourg): «Künstler und Vaterländer: das kosmopolitische Netzwerk des Harry Graf Kessler». Kurzreferat über das Wirken des engagierten Förderers der Künste, der am Beginn des 20. Jahrhunderts mit Weitsicht und Diplomatie zu vermitteln verstand. Kurzreferat mit anschliessendem Publikumsgespräch. Moderation Cathérine Hug.
  • Mi 9. April, 18.30–20 Uhr: Dr. Katja Förster (Karlsruhe): «Lieber Klee, wie freue ich mich, deine hieroglyphenbriefe zu lesen… Dein Franz» – Über die Bedeutung von Künstlerbriefen für das Verständnis von Biografien. Vergleichende Betrachtung der Korrespondenz zwischen Paul Klee und Franz Marc. Kurzreferat mit anschliessendem Gespräch mit Prof. Dr. Wolfgang Kersten (Universität Zürich). Moderation Cathérine Hug.
  • Mi 16. April, 18.30–20 Uhr: «Sehnsucht nach dem Fall – 1914 und Gedächtniskultur». Ein performatives Gespräch zwischen Dr. Felix Philipp Ingold (Romainmôtier), Prof. Dr. Herbert Lachmayer (Wien), Cathérine Hug (Kunsthaus Zürich) und Dr. Gesa Schneider (Literaturhaus Zürich). Eine Kooperation mit dem Literaturhaus Zürich.

Die Gespräche finden im Vortragssaal des Kunsthauses in deutscher Sprache statt. Der Eintritt ist im Ausstellungsticket inbegriffen.

Konzert des Zürcher Kammerorchesters (ZKO)
In der Kunst der Moderne treffen sich Malerei und Musik auf frappierende Art und Weise. Begriffe wie Klang und Farbe sind bei Komponisten wie Debussy Synonyme. Die Musik des Expressionismus lebt dagegen vom starken Pinselstrich und geht bis an die Grenzen. Am Sonntag, 2. März, um 11 Uhr tritt das ZKO im Kunsthaus auf. Karten und weitere Informationen auf www.zko.ch (Kunsthaus Zürich/mc/ps)

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