Kunsthaus Zürich zeigt «Ein Goldenes Zeitalter»
Jan van Goyen, Fischerboote beim Abrüsten am Abend, 1655/56, Öl auf Eichenholz, 33 x 41 cm, Privatsammlung. (Bild: Kunsthaus Zürich)
Zürich – Vom 28. August bis 29. November 2015 werden rund 50 Werke der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts aus einer Zürcher Privatsammlung zusammen mit einigen ausgewählten Werken aus den bedeutenden Beständen des Kunsthauses zu einer Ausstellung vereint: heitere Genreszenen, prachtvolle Stillleben und meisterhaft komponierte Landschaften von Jan Brueghel d. Ä., Hendrick Avercamp, Adriaen Coorte, Jan van Goyen, Aert van der Neer, David Teniers und vielen anderen mehr.
Kaum je zu sehen waren die kleinformatigen Kabinettstücke, die jetzt von einem privaten Zürcher Sammler ans Kunsthaus Zürich gelangen. Die holländische Malerei, die mit den Werken der renommierten Stiftungen Koetser und Ruzicka bereits ansehnlich im Kunsthaus vertreten ist, erfährt dadurch eine weitere Aufwertung. Die meisterhaften Kompositionen sind von erlesener Qualität. Sie bestechen durch ihren Detailreichtum und den Zauber einer Zeit, in der das Selbstbewusstsein holländischer Künstler seinen Aufschwung nahm: Das Goldene Zeitalter – eine grosse Epoche der europäischen Kunstgeschichte.
Repräsentationsbildnisse einer Handelsmacht
Die Sammlung enthält auch eine schöne Auswahl von flämischen Bildern aus dem katholischen Süden der Niederlande, zahlenmässig dominieren aber die holländischen Werke aus den mehrheitlich protestantischen nördlichen Provinzen, die im späten 16. Jahrhundert ihre Unabhängigkeit erklärt hatten. Die Ausstellung zeigt fast ausschliesslich Werke mit profanen Motiven, da in der hier vorgestellten Sammlung die religiöse Kunst, die für die flämische Kunst typisch ist, kaum berücksichtigt wurde. Auf diese Weise werden neben den Unterschieden zwischen den beiden Schulen in dieser Ausstellung für einmal auch die Gemeinsamkeiten erfahrbar. Historisch gesehen war es freilich nur die holländische Kunst, die (aus konfessionellen Gründen) weitestgehend auf weltliche Themen fokussierte.
Künstler wie Hendrick Avercamp, Adriaen Coorte, Jan van Goyen, Aert van der Neer und andere Zeitgenossen fanden ihre Motive stets jenseits des Religiösen und entwickelten diese Themen entsprechend auch besonders intensiv weiter. Neben Portraits und Genreszenen entstanden etwa diverse Typen von Landschaften, darunter Seestücke oder «italianisierende» Landschaften sowie Stillleben in diversen Unterkategorien. Die zumeist heiteren Genreszenen rücken oft den Alltag der überwiegend ländlichen Bevölkerung ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Bauern am Kaminfeuer, Familien beim Eisvergnügen, Schiffe in ruhiger See; aber auch mit viel Symbolik und repräsentativem Ehrgeiz aufgeladene Stillleben mit Blumen, Früchten und kostbaren Objekten der gehobenen Gesellschaftsschicht. Holland zelebriert sich als ebenso bodenständige wie weltgewandte Handelsmacht. Ab den frühen 1670er-Jahren setzte militärisch der Niedergang ein, das Goldene Zeitalter ging seinem Ende entgegen. Das späteste Bild, das der Sammler in seine Kollektion aufnahm, datiert denn auch um 1700.
Signatur als Merkmal von Qualität
Der hohe Anspruch des Sammlers spiegelt sich auch darin, dass er fast ausschliesslich signierte Bilder erwarb – Signaturen als Ausdruck des wachsenden Bewusstseins ihrer Produzenten für einen Markt über Fürstenhöfe hinweg ins aufstrebende Bürgertum. Sammlungskonservator Philippe Büttner, der die Ausstellung kuratiert, fügt den Werken aus Privatbesitz einige aus der Sammlung des Kunsthauses hinzu. Zusammen finden die ungefähr 60 Gemälde im Altmeistertrakt des 1910 erbauten Kunsthauses ein temporäres Zuhause.
Erkenntnis über Künstler, Sammler, Sammlungen und Publikum
Bemerkenswert ist, dass Schweizer Sammler die Alten Meister erst spät entdeckten. Mit Preisen, wie sie von britischen oder amerikanischen Liebhabern gezahlt wurden, konnten die Eidgenossen noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mithalten. Bedeutende Sammlungen wurden von Ausländern in die Schweiz eingeführt. In der Publikation zur Ausstellung beschreibt der Direktor der Sammlung Stiftung E.G. Bührle, Lukas Gloor, die unterschiedlichen Typen von Sammlern Alter Meister. Im einführenden Text zum Katalog nimmt der Sammler Bezug zur Gegenwart. Ist dieser nun ein moderner Sammlertyp? Höflich zieht er es vor, ungenannt zu bleiben. An den persönlichen Motiven seines Sammelns lässt er die Öffentlichkeit dennoch teilhaben. Im Katalog wird jedes Bild einzeln beschrieben und in den kunsthistorischen Zusammenhang eingeordnet. Abbildungen aller Werke, darunter viele Detailaufnahmen, erlauben es, die Werke vertieft kennenzulernen. Die Publikation ist für CHF 49.- im Kunsthaus-Shop erhältlich.
Die Ausstellung wiederum macht es möglich, Teile der privaten Kollektion im Kontext mit Werken des Kunsthauses zu erleben. Synergien werden offenbar bei einigen zentralen Künstlern – wie etwa Jan Brueghel d. Ä. und Jan van Goyen –und vertiefte Erkenntnisse können gewonnen werden. Wo es gelingt, eine enge Beziehung zwischen Künstler, Sammler, Museum und Betrachter herzustellen, entsteht ein öffentlicher Mehrwert. Die Verschränkung privater und musealer Bestände erweist sich daher einmal mehr als Gewinn. (Kunsthaus Zürich/mc/pg)
Allgemeine Informationen
Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1, CH–8001 Zürich
Fr–So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr.
Eintritt Ausstellung «Ein Goldenes Zeitalter» inkl. Sammlung: CHF 15.-/10.- reduziert und Gruppen. Bis 16 Jahre gratis.
Öffentliche Führungen: So 6./20. September um 11 Uhr, Sa 3./24. Oktober um 13 Uhr, Do 5./12. November um 18.30 Uhr.
Vorverkauf: SBB RailAway-Kombi. Ermässigung auf Anreise und Eintritt: am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. ab Festnetz), www.sbb.ch/kunsthaus-zuerich.