Zürich – Vom 27. August bis zum 20. Februar 2022 zeigt das Kunsthaus Zürich eine der grössten Bodenskulpturen für den Innenraum – die 1992 für den grossen Ausstellungssaal im Kunsthaus entworfene, 500 Quadratmeter grosse «The 2000 Sculpture» des amerikanischen Künstlers Walter De Maria.
«The 2000 Sculpture» von Walter De Maria (1935–2013) ist eine der grössten für Innenräume konzipierten Bodenskulpturen weltweit. Sie besteht aus insgesamt 2000 weissen Gipsbarren von je 50 cm Länge und 18 cm Höhe. Die einzelnen Elemente sind trotz ihrer einheitlichen Grösse verschieden und weisen fünf, sieben oder neun Kanten auf. Sie werden auf einer Fläche von 500 Quadratmetern ausgelegt, in insgesamt 20 Reihen à einhundert Barren. Die Anordnung folgt einem spezifischen Rhythmus: 5–7–9–7–5–5–7–9–7–5. So ergibt sich eine Art Fischgrätmuster, und je nachdem, wo sich die Besucher befinden, scheinen sich die Barren auf sie zu oder von ihnen wegzubewegen. Es entsteht eine Spannung zwischen durchschaubarer Gesetzmässigkeit und individueller Wahrnehmung, unterstützt durch Licht und Raum um die Anordnung herum.
Licht, Raum und Musikalität
«The 2000 Sculpture» ist für das Kunsthaus entstanden und befindet sich im Besitz der Walter A. Bechtler-Stiftung, die es dem Kunsthaus erneut als Leihgabe zur Verfügung stellt. Der Künstler hatte sich intensiv mit den spezifischen Raum- und Lichtverhältnissen im grössten stützenlosen Ausstellungssaal der Schweiz auseinandergesetzt, der durch eine Glasdecke komplett mit Tageslicht versorgt wird und an beiden Längsseiten Fensterbänder aufweist. Dieses Vorgehen, das heute völlig normal erscheint, war damals ungewöhnlich und neu.
Der legendäre freie Ausstellungsmacher Harald Szeemann, der regelmässig als «fester freier Gastkurator» am Kunsthaus Projekte initiierte und umsetzte, pries Walter De Marias Werk als eine «neue Qualität heutiger Skulptur (…), die nicht mehr Objekt sein soll, sondern den Umraum prägendes, erfüllendes Subjekt». «The 2000 Sculpture» wurde 1992 erstmals und 1999/2000 erneut im Kunsthaus Zürich gezeigt. Die riesige Installation vereint vieles, was für Walter De Marias Arbeiten grundlegend war: Die Auseinandersetzung mit mathematischen Grundformen, dem Licht, der Weite und dem Raum. «Gerade das Licht spielt in «The 2000 Sculpture» eine ganz entscheidende Rolle», sagt Ausstellungsmacherin Mirjam Varadinis, die die aktuelle Reinszenierung kuratiert: «Je nach Wetter oder Tageszeit verändert sich das Werk, und es entstehen endlose Variationen von Weissschattierungen, Brechungen und Linien». Ursprünglich wurde das Werk auch ganz ohne Kunstlicht und nur bis zum Eindunkeln gezeigt. Folgt man der bisherigen Rezeption, so wird deutlich, dass «The 2000 Sculpture» auch viel mit Rhythmus zu tun hat. In der 1999 zur Ausstellung erschienenen Publikation wurde die Skulptur als «riesengrosse Partitur mit sichtbaren ‹Takten›» beschrieben.
Der sonnenverwöhnte Kalifornier De Maria, der lange zwischen einer Karriere als Musiker oder Künstler geschwankt hatte, wurde zu einem bedeutenden Vertreter der Land Art, der Konzeptkunst und des Minimalismus. Im Jahr 2001 war er mit dem höchstdotierten europäischen Kunstpreis, dem Roswitha Haftmann-Preis, für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Nachdem die minimalistische Plastik zuletzt in den USA gezeigt worden war, findet sie nun parallel zur Eröffnung des Erweiterungsbaus von David Chipperfield wieder an ihren Ursprungsort zurück und verwandelt den grossen, 1958 erbauten und lichtdurchfluteten Ausstellungssaal in eine Oase der Ruhe, Stille und Schönheit.
Publikation und öffentliche Führungen
Die Ausstellung wird von einem Katalog begleitet (Verlag Scheidegger & Spiess, 72 S., 25 Abb.), mit Texten von Harald Szeemann, Philip Ursprung und einem Gespräch zwischen Mirjam Varadinis und Thomas und Cristina Bechtler. Im Kunsthaus-Shop erhältlich für CHF 22.–.
Wer «The 2000 Sculpture» in der Gruppe und unter Anleitung erkunden möchte, hat dazu an öffentlichen Führungen Gelegenheit: Im August und September jeden Mittwoch um 18 Uhr, im Oktober jeden Freitag um 15 Uhr und von November bis Februar jeweils am Sonntag um 11 Uhr. (Kunsthaus Zürich/mc/ps)