Kunstmuseum Bern: Wachsen – Blühen – Welken. Ernst Kreidolf und die Pflanzen

Kunstmuseum Bern: Wachsen – Blühen – Welken. Ernst Kreidolf und die Pflanzen
Ernst Kreidolf. Lenzgesind: Bei den Stiefmütterchen, 1926, Tusche und Aquarell auf Papier, 25,7 × 34,4 cm, Kunstmuseum Bern, Verein Ernst Kreidolf. (Bild: zvg)

Bern – Ernst Kreidolf (1863 – 1956) ist als Maler und Bilderbuchkünstler unvergessen. Seine Werke entführen in die Welt des Märchens und des Traums, in denen Pflanzen eine zentrale Rolle spielen. Die Ausstellung im Kunstmuseum Bern (04.09.2020 – 10.01.2021) zeigt Kreidolfs von wissenschaftlicher Neugier geprägte Studien und präsentiert die beeindruckenden Originalillustrationen zu seinen Büchern.

Bereits in seiner Kindheit auf dem Bauernhof der Grosseltern in Tägerwilen versuchte Ernst Kreidolf alles, was wächst und blüht, mit dem Zeichenstift festzuhalten. Er eignete sich zudem ein breites botanisches Wissen an. Diese Naturverbundenheit sollte ihn ein Leben lang begleiten, und er verlieh ihr insbesondere durch die Personifizierung der Pflanzen in seinen Werken Ausdruck. Schon früh unternahm Kreidolf Versuche, von der Pflanzenstudie ausgehend eine eigene künstlerische Sprache zu entwickeln. In den Blumen-Märchen (1898) gelang ihm schliesslich die Verschmelzung von Naturbeobachtung und Phantasie.

«Es sind zwei Dinge, die mich an Ernst Kreidolf faszinieren. Zum einen ist es seine Kunst, die den Betrachter in ebenso fantasievolle wie poetische Märchenwelten führt und dennoch den Bezug zum wirklichen Leben nicht verliert. Zum andern fasziniert mich sein Eingebundensein in ein vielfältiges künstlerisches Umfeld. Er war Teil einer pulsierenden Kunstszene, hatte Kontakt zu Musikern, zu Schriftstellern und war mit zahlreichen bildenden Künstlern eng befreundet.»
Dr. Barbara Stark, Direktorin Städtische Wessenberg-Galerie, Konstanz

Mit den Blumen-Märchen (1898) und seinen Büchern Die schlafenden Bäume (1901) und Gartentraum (1911) setzte Ernst Kreidolf neue Massstäbe in der Bilderbuchgestaltung. Die Gedichte und Geschichten für diese Bücher verfasste der gelernte Lithograf selbst, er war jedoch auch als einfühlsamer Illustrator tätig. Seine phantasievollen Bilder für das Schullesebuch Roti Rösli im Garte (1925) sollten sich dem Gedächtnis von Generationen Schweizer Kinder nachhaltig einprägen.

Dem Prinzip, den Bildern ein selbst verfasstes Gedicht gegenüberzustellen, blieb Kreidolf in den meisten seiner Bilderbücher treu. In seinen Lebenserinnerungen hielt er fest: «Bei allen meinen Bilderbüchern (…) ist immer das Bild das Primäre, das zuerst Entstandene, der Text immer das Sekundäre, die Begleitung dazu.»

So entspinnen sich um die Blumenwesen kleine, durchaus auch auf die Zeitgeschichte bezogene Erzählungen, die sich zum Vorlesen eignen und in ihrer Knappheit zum Weiterspinnen einladen. Auch Sterben, Gewalt und Bedrohungen unterschiedlicher Art sind präsent in Kreidolfs Werk. In allen Büchern gibt es neben den lichten die dunklen, unheimlichen Szenen. Kontraste und der Umschwung der Gefühle sind typisch für das Arrangement der Bilder. Mit dieser Ambivalenz von melancholischer Traumverlorenheit und Humor lädt die Ausstellung zu einem anregenden Streifzug durch den vielfältigen Kosmos der Kreidolf’schen Pflanzenwelt. (KMB/mc/pg)

Kunstmuseum Bern

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