Marc Höliner, CEO Niederhornbahn AG, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Höliner: Frühaufsteher bekommen bei Ihnen vor 9 Uhr einen deutlichen Rabatt auf die Fahrtickets. Wer nutzt dieses Billet am meisten?
Marc Höliner: Es sind unsere Gäste, welche die vielen heimischen Wildtiere wie Steinböcke, Murmeltiere oder Gämsen hautnah erleben wollen oder eine längere Wanderung zum Beispiel über das Gemmenalphorn nach Habkern geplant haben. Aber sind es auch die Geniesser, welche ihren Ausflug mit einem Panoramafrühstück im Berghaus starten wollen.
Dynamische Preismodelle sind ein zweischneidiges Schwert. Ein Skigebiet im Oberland in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft verkauft Saisontickets sogar rund ein Drittel billiger. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?
Ein dynamisches Preismodell kann je nach Destination und Kundensegment durchaus Sinn machen. Für die Niederhornbahn sehe ich ein dynamisches Modell aber als nicht passend. So entscheidet zum einen ein grosser Teil unserer Gäste kurzfristig über einen Besuch des Niederhorns. Zum anderen stellt sich die Frage, ob unsere Gäste ein dynamisches Modell akzeptieren würden. Hinzu kommt die Komplexität eines dynamischen Systems, welches zurzeit für die Niederhornbahn kaum zu tragen wäre.
«Ein dynamisches Preismodell kann je nach Destination und Kundensegment durchaus Sinn machen. Für die Niederhornbahn sehe ich ein dynamisches Modell aber als nicht passend.»
Marc Höliner, CEO Niederhornbahn AG
Die 3-Seil-Gruppenumlaufbahn, die 1997 eröffnet wurde, ist die einzige ihrer Art in der Schweiz. Besuchen deshalb auch Technikfreaks den Aussichtsbuckel über dem Thunersee?
Unsere Mitarbeitenden im Betrieb werden sehr oft auf die faszinierende Bahntechnik der Gruppenumlaufbahn und insbesondere die Anordnung der Kabinen in 3er-Gruppen angesprochen. Wir geben gerne soweit bekannt auch Auskunft. Ob es sich dabei um sogenannte «Technikfreaks» handelt, ist dabei schwer festzustellen. Um dem erkannten Interesse unserer Gäste für die Bahntechnik der Standseilbahn und der Gruppenumlaufbahn gerecht zu werden, besteht die Idee allenfalls mittelfristig «technische Führungen» anzubieten.
Die Standseilbahn fährt direkt von der Beatenbucht am See hoch zur Talstation Beatenberg. Wie hoch ist der Anteil an Touristen die kombiniert Beatenhöhle und das Niederhorn besuchen?
Bisher bestand für unsere Gäste kein Kombiangebot zum Besuch der beiden Ausflugsziele St. Beatushöhlen und des Niederhorns. Aufgrunddessen wurde bis anhin auf eine Auswertung der Anteile verzichtet. Die Verantwortlichen der St. Beatushöhlen und wir sehen aber Chancen in einer Zusammenarbeit und wir bieten diesen Sommer deshalb erstmals unter dem Titel «In den Berg und auf den Berg» ein erstes Angebot an. So profitieren Gäste der St. Beatushöhlen von einer 50%-Ermässigung auf die Trotti-Miete am Niederhorn und umgekehrt profitieren unsere Gäste von 30%-Ermässigung auf den Eintritt in die Höhlen.
Wie sind Sie mit dem zu Ende gegangenen Wintergeschäft zufrieden?
Auch wenn an den Weihnachts- und Festtagen noch kaum Schnee lag und auch das Wetter in den ersten Januartagen kaum zu einem Besuch einlud, so sind wir dank guter Frequenzen im Februar mit dem Wintergeschäft zufrieden. Unsere zahlreichen Gäste genossen ab Ende Januar bis fast zum Saisonende anfangs März die vielen Sonnentage über dem Nebelmeer, nutzten rege den Winterwanderweg und dank der optimalen Schneeverhältnisse waren Skifahren und Schlitteln sehr gefragt.
Der Beitrag der Gastronomiebetriebe zum Ertrag hat sich letztes Jahr schön entwickelt. War dies hauptsächlich dem guten Wetter geschuldet?
Die positive Entwicklung im Gastronomiebereich hat unterschiedliche Gründe. Sicher war das langanhaltende schöne Wetter, welches ab Juli sehr viele Gäste auf das Niederhorn lockte einer der Hauptgründe. Diese genossen das vielfältige Angebot im Berghaus oder dem Restaurant Vorsass (das uns nicht gehört). Aber auch das Engagement der Betreiber im Seerestaurant Beatenbucht zeigte ihre Wirkung. So konnten Sie mit dem Ausbau des Angebotes am Abend, unabhängig vom Bahnbetrieb, neue Gäste gewinnen, welche bei Sonnenuntergang ein feines Nachtessen auf der Terrasse genossen.
Unsere Gäste schätzen die etwas kühlere Bergluft und der leichte Wind über den Grat.
Merken Sie bei Hitzewellen, wie wir sie jetzt gerade haben und in den vergangenen Sommern häufig hatten, einen merklichen Run auf den Berg?
Ja, bis zu einem gewissen Punkt «profitieren» wir von der Sommerhitze. Unsere Gäste schätzen die etwas kühlere Bergluft und der leichte Wind über den Grat. So ist der Besuch eines Ausflugsberges wie das Niederhorn die optimale Alternative zum Besuch der Badi.
Besonders gut lief letztes Jahr die Vermietung von Trottis, mit denen man in grossem Bogen talwärts rollen kann. Sind noch weitere Trendfreizeitvergnügen in der Pipeline?
Die Nachfrage für zusätzliche Aktivitäten auf dem Berg nimmt effektiv zu. Unter dem Projektnamen «Inszenierung Niederhorn» sind auch wir daran, das Erlebnis am Niederhorn zu stärken. So können wir bis Mitte Sommerferien den neu angelegten Gipfelspielplatz mit Klettermöglichkeiten und Kugelbahn für unsere kleinen Gäste freigeben. Als nächstes werden wir im Spätsommer mit den Bauarbeiten für die Erstellung eines neuen Gipfelweges mit grossen Aussichtsplattformen und einem Steg über einen Couloir starten. Bei all unseren Aktivitäten am Berg stehen aber die Schönheit der Natur und das einmalige Panorama immer im Vordergrund.
Der im letzten Jahr verdoppelte Jahresgewinn wurde erneut auf neue Rechnung vorgetragen. Wann und unter welchen Bedingungen könnte es einmal eine Dividende geben?
Traditionell wird bei der Niederhornbahn der Jahresgewinn auf die neue Rechnung vorgetragen und damit auf die Auszahlung einer Dividende verzichtet. Dies wurde anlässlich der letzten Generalversammlung vom 20. Juni 2019 erneut bestätigt. Meines Erachtens haben unsere Aktionäre das Verständnis, dass es langfristig sinnvoller ist, den Gewinn im Unternehmen zu halten und dadurch neue Investitionen für die Bahn und unsere Gäste aus eigenen Mittel zu finanzieren.
«Traditionell wird bei der Niederhornbahn der Jahresgewinn auf die neue Rechnung vorgetragen und damit auf die Auszahlung einer Dividende verzichtet.»
Zahlungskräftige asiatische Gäste zieht es eher zu Jungfrau und Pilatus. Ist das für Sie ein Problem?
Ich begrüsse die enormen Anstrengungen der Jungfrau- und Piltatusbahn im asiatischen Markt. Ihre Bemühungen helfen unter anderem mit, die Positionierung der Schweiz als beliebtes Reiseland in attraktiven internationalen Märkten zu stärken. So profitieren auch wir als Geheimtipp abseits der grossen asiatischen Besucherströme vom Erfolg der grossen Mitbewerber. 90 Prozent unserer Gäste kommen aus der Schweiz. Also konzentrieren wir unsere Anstrengungen auf den Heimmarkt.
Geburtstagskinder fahren kostenlos aufs Niederhorn. Kinder sind auch generell am und ums Niederhorn willkommen. Es hat einen grossen Spielplatz und nur das erste Kind einer Familie muss zahlen. Bleibt es daher bei der USP Familienskigebiet?
Das einzigartige Panorama, die Möglichkeit der Begegnung mit freilebenden Wildtieren, das umfangreiche Wanderwegnetz und die weiteren vielfältigen Angebote machen uns zum attraktiven ganzjährigen Ausflugsziel für alle Generationen und Lebenssituationen. Zudem sind wir durch die gute Anbindung mit Strasse, Bus und Schiff relativ rasch aus den Ballungsgebieten Bern, Zürich und weiteren Städten zu erreichen, was auch einen Nachmittagsbesuch ermöglicht.
Zum Gesprächspartner:
Marc Höliner, geboren 1974, verheiratet und Vater von zwei Kindern, wohnt in Spiez. Von 1990 – 1993 machte er eine Lehre als Bahnbetriebsdisponent bei der SBB, wo er dann bis 2008 verschieden Funktionen im Verkauf Personenverkehr inne hatte. Von 2008 bis 2012 Projektleitungen im Bereich Fahrplanplanung. Von SBB 2012 bis 2014 Teamleitung Reiseservice Fernverkehr. Von 2014 – 2015 Leiter Produktmanagement Postauto. Von 2015 bis 2018 Leiter Ausweiscenter Thun. Seit Februar 2018 ist Marc Höliner bei der Niederhornbahn als Betriebsleiter und ab 1.1.19 als Geschäftsführer angestellt. Er hat Weiterbildungen als Marketingplaner mit eidg. Fähigkeitsausweis als Manager öffentlicher Verkehr mit Eidgenössischem Diplom abgeschlossen und reist in seiner Freizeit gerne.