Moskau setzt verstärkt auf Kultur-Tourismus
Roter Platz mit Kremlmauer. (Copyright: Hubert Thurnhofer)
Moskau – Rund 2.000 denkmalgeschützte Bauten zählt Moskau, davon werden 300 derzeit generalsaniert. Insbesondere auf die Randbezirke will sich die Stadt bei den Renovierungsarbeiten konzentrieren, um das Angebot für Touristen zu erweitern. So wurde das Zarenschloss Kolomneskoje in alter Holzbauweise rekonstriert und lockt nun täglich 30 bis 40 Reisegruppen. Dies berichtet Alexander Kibovsky, verantwortlich für Denkmalschutz der Stadt Moskau auf der internationalen Journalistenkonferenz «It’s Time for Moscow».
Die Sommerresidenz des Zaren Alexei I. (1629-1676) wurde originalgetreu rekonstriert. Allerdings nicht in der alten Holzbauweise ohne Verwendung von Nägeln. Von den Empfangs- und Arbeitsräumen des Zaren bis hin zu Sauna und Schlafräumen bekommt der Besucher einen Eindruck von der Lebensweise des Hofstaates, der von April bis Oktober hier residierte. Im ebenso integrierten Restaurant können sich bis zu 100 Gäste von der Qualität der original russischen Küche überzeugen. Nach Verlegung der Hauptstadt von Moskau nach Sankt Petersburg war das Schloss dem Verfall preisgegeben, der Wiederaufbau wurde im September 2010 abgeschlossen.
Untergrundwelt als Palast
Kolomenskoje zählt so wie die Wiedererrichtung der Erlöserkathedrale und der Wiederaufbau des Schlosses Zarizyno im Süden der Stadt zu den bleibenden Marksteinen der Ära des Moskauer Langzeitbürgermeisters Jurij Luschkow. Der grösste Palast der Stadt ist jedoch immer noch die Moskauer Metro. Alexander Kibovsky zitiert niemand Geringeren als Josef Stalin, um die Bedeutung der Metro zu unterstreichen: «Früher kosteten die Paläste Millionen, jetzt bauen wir Paläste für Millionen!» Nachsatz: «Die Metro ist ist der grösste öffentlich zugängliche Palast der Welt.»
Das Ticket für eine Fahrt mit der Metro kostet 40 Rubel. Die Umrechnung ist derzeit schwer, denn innerhalb einer Woche (8. bis 15. Dezember) ist der Kurs für einen Euro von 60 auf über 70 Rubel gestiegen. Im Mai lag der Kurs noch bei 40 Rubel für einen Euro. Die Tourismus-Verantwortlichen der Stadt verweisen darauf, dass die Metro zweisprachig beschriftet sei. Dies gilt jedoch nur für die auf den Bahnsteigen angebrachten Übersichtspläne, nicht für die Stationsbezeichnungen oder gar die Informationen zur Orientierung der Massen auf den zahlreichen Ein-, Aus- und Übergängen. Mit einem einfachen Ticket kann man die 200 Metrostationen beliebig lang besichtigen, ohne Basiskenntisse der russischen Sprache ist aber von einer Exkursion ohne Begleitung abzuraten. Der barrierefreie Zugang ist bislang nur bei neuen Stationen und bei den internationalen Bahnhöfen möglich.
Sowjetunion hautnah erleben
Eine Reise in die jüngere Vergangenheit bietet der Besuch des VDNCh bei der gleichnamigen Metro-Station. Im dem vor 75 Jahren errichteten Ausstellungszentrum der nationalen Volkswirtschaft wurde die Sowjetunion vollständig konserviert. Die einzelnen Sowjetrepubliken betrieben hier einen Pavillon, derzeit geöffnet ist nur der armenische. Die Auswahl der Produkte beschränkt sich auf Kunst, Kunsthandwerk und Design – scheinbar um den Beweis zu erbringen, dass die Sowjetunion auch in Armenien noch zu finden ist. Der nach eigenen Angaben grösste Eislaufplatz des Landes bietet immerhin ein günstiges Freizeitangebot für die Bevölkerung der Stadt.
Erstmals hat sich in diesem Jahr auch der Rote Platz zum Eislaufplatz mit angeschlossenem Weihnachtsmarkt verwandelt. Kunsthandwerk aus unterschiedlichen Regionen Russlands wird hier feilgeboten. Daneben finden sich zahlreiche Glühweinstände. Die roten, beleuchteten Kremlmauern auf der einen Seite und das etwas zu stark mit Weihnachtslichtern überladene Kaufhaus GUM lassen für ein paar Stunden die politischen Konflikte zwischen Europa und Russland vergessen. Im GUM selbst, wo fast nur internationale Markenartikel angeboten werden, spürt man das flaue Kundeninteresse angesichts täglich steigender Preise. (pte/mc/ps)