Nutzung statt Besetzung: Schweizer Jugendliche im öffentlichen Raum
Illustration: CS-Jugendbarometer. (Bild: CS)
Zürich – Die neue Schweizer Jugendstudie der Jacobs Foundation zeigt das Bild einer selbstkritischen und verantwortungsbewussten Schweizer Jugend. Zentrales Motiv Schweizer Jugendlicher für die Nutzung öffentlicher Räume ist neben praktischen Vorzügen wie gute Erreichbarkeit (89%) und geringe Kosten (93%), die freie Zugänglichkeit dieser Räume (91%). Nur eine Minderheit betrachtet den öffentlichen Raum als geeigneten Ort für Partys (23%) oder Alkohol- und Drogenkonsum (42%; 17%). Nur ein Drittel hat Konflikte im öffentlichen Raum bereits selbst erlebt. Dies sind wichtige Ergebnisse der 1. Juvenir Studie der Jacobs Foundation, einer repräsentativen und innovativen Jugendstudie für die Schweiz.
«Verantwortungsübernahme, Partizipation und Regeleinhaltung – diese Prinzipien sind Ausdruck des liberalen Verständnisses der Schweizer Gesellschaft. Schweizer Jugendliche erlernen diese Prinzipien bei der Erschliessung und Nutzung des öffentlichen Raums», erklärt Dr. Joh. Christian Jacobs, Stiftungsratsvorsitzender der Jacobs Foundation. «Der öffentliche Freiraum ist für die Schweizer Jugendlichen unabhängig von konkreten Nutzungskonflikten ein Lernraum. Ein Ort, an dem sie wichtige Erfahrungen für ihre Entwicklung machen, die Voraussetzung für ihr aktives Mitwirken in der Schweizer Gesellschaft sind. Letztlich stärken diese Erfahrungen die gesellschaftliche Integration und die Kompetenzen für demokratische Beteiligung».
Zugewiesene Freiheit ist keine Freiheit
Die Schweizer Jugendlichen möchten ihre Treffpunkte selbst aussuchen und diese nicht von Erwachsenen zugewiesen bekommen (80%). Der öffentliche Raum bietet ihnen die Möglichkeit, Grenzen auszuloten und auszuhandeln. Die Jugendlichen fordern selbst aber auch klare Grenzen ein. Für sie ist der öffentliche Raum kein rechtsfreier Raum – im Gegenteil: 77 Prozent der Jugendlichen begrüssen die Anwesenheit von Security im öffentlichen Raum ausdrücklich. Und wenn es im öffentlichen Raum zu Konflikten kommt, sind Schweizer Jugendliche durchaus selbstkritisch: 90 Prozent sehen die Ursachen von Konflikten auch bei sich selbst.
Freie Nutzung – gleiche Regeln für alle
Jugendliche in der Schweiz streben keine Exklusiv-Nutzung von öffentlichen Räumen an. Die grundsätzliche Öffentlichkeit der Räume für alle macht für sie deren Besonderheit aus (91%). Die Nutzung ist keine Besetzung und kein politisches Statement. Es scheint vielmehr so, dass sich Jugendliche den öffentlichen Raum in zunehmendem Masse – und zwar ohne Rebellion – aneignen. Dabei treten die Jugendlichen verantwortungsbewusst auf: Über 90 Prozent sehen sich in der Pflicht, sich in Bezug auf Müll regelkonform zu verhalten und auch auf die Einhaltung der Regeln bei der Lautstärke nach 22 Uhr zu achten (72%). Ein Mindestmass an Akzeptanz wird im Gegenzug von den Anwohnern erwartet (87%).
Die Juvenir-Studienreihe der Jacobs Foundation
Juvenir ist eine neue und repräsentative Studienreihe der Jacobs Foundation zu aktuellen Themen, die Schweizer Jugendliche betreffen. Das Besondere: Juvenir spricht nicht über sondern mit Jugendlichen – die Themen werden von ihnen selbst als für sie wichtig identifiziert. Methodisch basiert die Studie auf dem Einsatz von Social Media. Dieser innovative Ansatz wird mit folgenden Elementen umgesetzt:
- Konkretisierung der Themen in der Tiefe: Durchführung von Online-Diskussionen mit Jugendlichen im Rahmen von Internetchats zur Identifizierung und Priorisierung relevanter Fragestellungen
- Abbildung in der Breite: Durchführung repräsentativer Befragungen mit Jugendlichen zum Stellenwert der jeweiligen Themen und Fragestellungen
- Reflexion und Vertiefung: Auseinandersetzung mit den Studienergebnissen durch Jugendliche und Weiterentwicklung der Themenstellungen im «Juvenir Dialog» mit Erwachsenen sowie im Online-Diskurs von und mit Jugendlichen
Die erste Juvenir-Studie «Unser Platz – Jugendliche im öffentlichen Raum» ist als Gesamtstudie und Kurzfassung über die Jacobs Foundation erhältlich und wird am 23. Oktober 2012 ab 18.30 Uhr in der Alten Sihlpapierfabrik in Zürich öffentlich vorgestellt. Weitere Informationen unter: www.jacobsfoundation.org (Jacobs Foundation/mc/ps)
Hintergrund Jacobs Foundation
Die Jacobs Foundation ist eine weltweit tätige Stiftung im Bereich der Kinder- und Jugendentwicklung. Der Unternehmer Klaus J. Jacobs gründete die Stiftung 1989 in Zürich. Die Jacobs Foundation fördert Forschungsprojekte, Interventionsprogramme und wissenschaftliche Institutionen mit einem Jahresbudget von rund 35 Millionen Franken. Dabei ist die Stiftung in besonderem Masse der wissenschaftlichen Exzellenz und Evidenz verpflichtet. Mit ihrer Investition von 200 Millionen Euro in die Jacobs University Bremen (2006) setzte die Jacobs Foundation neue Massstäbe im Bereich der privaten Förderung.