Polina Lazarou, General Manager Hard Rock Hotel Davos, im Interview
Von Artur K. Vogel
Moneycab: Frau Lazarou, Davos ist ein besonderer Ort, an dem der Wintersport fest etabliert ist, Eishockey eine grosse Bedeutung hat und das Weltwirtschaftsforum WEF jedes Jahr eine Woche lang alles auf den Kopf stellt. Wie kann sich Davos weiter entwickeln?
Polina Lazarou: Ich habe enge Kontakte mit anderen Davoser Hoteliers und Tourismusleuten. Wir sind uns einig, dass sich Davos als international renommierte Ganzjahres-Destination positionieren soll. Wir wollen mehr MICE-Tourismus generieren, das heisst neben dem WEF vermehrt auch andere Tagungen, Kongresse, Ausstellungen und ähnliche Events. Wir reden hier vor allem von den Monaten Mai bis Oktober.
«Zurzeit kommen die Sommergäste mehrheitlich aus der Schweiz. Wir wollen mehr Gäste aus Grossbritannien, den USA, Asien ansprechen.» Polina Lazarou, General Manager Hard Rock Hotel Davos
Davos ist zudem eine ideale Destination für Sommerferien. Aber wir müssen mehr internationale Marktsegmente eröffnen. Zurzeit kommen die Sommergäste mehrheitlich aus der Schweiz. Wir wollen mehr Gäste aus Grossbritannien, den USA, Asien ansprechen.
Wie wollen Sie diese Visionen umsetzen?
Davos hat ein immenses Potenzial. Wir müssen mehr dafür werben, müssen die Stärken der Destination besser hervorheben, müssen attraktive Packages für Reiseveranstalter schnüren. Wir arbeiten eng mit Graubünden Tourismus in Chur zusammen. Und ich unternehme persönlich Verkaufsreisen, zum Beispiel im April nach Asien oder Ende August nach Dubai.
Sie waren erst wenige Monate in Davos, als das WEF 2024 stattfand. Wie haben Sie es erlebt?
Ich mochte es. Das WEF ist wie eine grosse, internationale Networking-Party. Man trifft Menschen aus verschiedensten Ländern und Kulturen und diskutiert mit ihnen über relevante Themen, die uns alle betreffen. Es ist auch spannend zu beobachten, wie sich in Davos während einigen Wochen vor der WEF-Tagung vieles zu verändern beginnt: Hotels, Restaurants, Läden…
Was lief denn konkret in Ihrem Hotel ab?
Natürlich waren wir ausgebucht. Es ging hoch zu und her. Wir haben alle Arten von Veranstaltungen gehabt, Diner-Einladungen für VIP-Gäste und Regierungschefs diverser Länder, Vorträge, Cocktails. Und der Rennstall McLaren präsentierte seinen Rennwagen für die nächste Saison der Formel I auf dem Gelände unseres Hotels bei einem rauschenden Event.
Wie wichtig ist diese WEF-Woche im Januar?
Für fünf Tage ist Davos der Mittelpunkt der Welt. Das verschafft uns immense Publicity. Für unser Hotel ist die WEF-Tagung, abgesehen von den positiven geschäftlichen Effekten, eine grosse Herausforderung. So beschäftigen wir normalerweise 80 bis 90 Leute, während des WEFs aber 120. Man kann die WEF-Tage nur überleben, wenn man gut organisiert ist; sonst wird das schwierig.
«Für fünf Tage ist Davos der Mittelpunkt der Welt. Das verschafft uns immense Publicity»
Sie haben sich 1996/97 an der Hotelfachschule Passugg ausbilden lassen und haben mehr als 25 Jahre Berufserfahrung. Was motivierte Sie für eine Laufbahn in der Hotellerie?
Ich wuchs in Nikosia in Zypern auf. Eigentlich hatte ich die Absicht, Wirtschaft oder Finanzen zu studieren. Aber dann flatterte ein Prospekt der Swiss School of Tourism and Hospitality in Passugg auf mein Pult. Ich war sofort begeistert von diesem Ort, von der Natur, und beschloss, in Passugg zu studieren.
Hotellerie statt Finanzen, das bedeutet: mehr arbeiten, weniger verdienen…
Ich habe diesen Entscheid nie bereut. Hospitality ist mehr als ein Beruf, es ist ein Lebensstil. Man muss das Gastgewerbe lieben, ansonsten scheitert man.
Haben Sie damals schon berufliche Erfahrungen in der Schweiz sammeln können?
Ich habe während des Studiums in Passugg Praktika in Zug absolviert. Danach habe ich nach Bournemouth in England gewechselt und an der dortigen Universität einen Bachelor in Hospitality Management erworben.
Dann kehrten Sie nach Zypern zurück.
Ja, dort arbeitete ich für die Louis Group, eine grosse Tourismusgruppe. Ich war unter anderem Cluster Sales Manager für zwei Hilton-Hotels. Das war wie ein weiteres Universitätsstudium, denn Hilton kümmert sich um seine Angestellten; ich konnte an Workshops teilnehmen, konnte viel reisen. Aber nachdem ich ein paar Jahre im Verkauf tätig gewesen war, zog es mich zurück ins operationelle Geschäft.
Sie waren danach für ein ganz spezielles touristisches Projekt in einem Bergdorf verantwortlich.
Es ging um das Jahrhunderte alte Dorf Kalopanayiotis am Rand des Troodos-Gebirges. Wie viele andere Dörfer war es im 20. Jahrhundert vom Aussterben bedroht, da die Jungen abwanderten. John Papadouris arbeitete jahrzehntelang im Ausland, unter anderem in Dubai, und kehrte dann nach Kalopanayiotis, das Dorf seiner Kindheit, zurück. Er begann, alte Häuser zu restaurieren und für Feriengäste auszustatten. Restaurants, Cafés, ein Spa und eine zentrale Rezeption kamen hinzu.
Also ein eigentliches Hoteldorf, in welchem die Gäste mitten unter den Einheimischen leben?
Genau. Heute gibt es 41 Gästezimmer in sieben Häusern. Die Dorfbewohner wurden ermutigt, in eigene kleine Unternehmen zu investieren. Ich bin ein Jahr vor der Eröffnung als General Manager engagiert worden. Wir konnten dank meinem bei Hilton geknüpften Netzwerk schon bald internationale Gäste gewinnen und legten den Schwerpunkt auf Erlebnisferien: Forellen fangen und braten, Konfitüre einkochen, Honig, Kräutertee, Weinbau.
Trotz dieses Erfolgs zogen sie nach fünf Jahren weiter. Wieso?
Ich war sehr traurig; das Projekt in Kalopanayiotis war wie mein Baby. Aber ich spürte den Drang, wieder im Ausland tätig zu sein, arbeitete zuerst in Athen, danach auf Kreta. Und dann wollte ich unbedingt in die Schweiz zurück. Für mich ist die Schweiz eines der schönsten Länder der Welt, und zwar das ganze Jahr hindurch. Und all diese Schönheit wird einem auf engstem Raum präsentiert. Zudem ist die Schweiz auf dem Gebiet der Hotellerie eine der weltweit führenden Nationen.
«Für mich ist die Schweiz eines der schönsten Länder der Welt, und zwar das ganze Jahr hindurch. Und all diese Schönheit wird einem auf engstem Raum präsentiert.»
Jetzt arbeiten sie für die Hard-Rock-Gruppe. Was ist dort anders als bei anderen?
Es sind die «Vibes». Der wichtigste Unterschied ist die Musik, die in allen Hard Rock Hotels präsent ist. Wir organisieren auch regelmässig Live-Konzerte, und ich möchte gern mehr lokale Bands engagieren, Bands aus der Region oder aus dem Bündnerland. Musik bringt die Menschen zusammen. Wir haben unseren eigenen Vibe Manager, der das Musikprogramm verantwortet. Seit anderthalb Monaten ist das Vladimir, ein Kubaner, der lange in Italien arbeitete und bei uns als Barman tätig war. Er wird momentan von Hard Rock geschult. Zudem haben wir eine hauseigene Band gegründet, die sich Hard Rock Band Davos nennt. Ihr erster Auftritt ging am 22. März über die Bühne. Bereits planen wir eine Konzerttournee durch andere Hard Rock Hotels. Original-Bühnenkostüme und Instrumente der grössten Stars sind in den Hard Rock Hotels ausgestellt und tragen zur rockigen Atmosphäre bei.
Die Zukunft eines der bekanntesten Davoser Hotels, des Steigenberger Grandhotel Belvedere, ist ungewiss. Es schliesst Ende März; alle Angestellten werden entlassen. Bisher ist kein neuer Pächter gefunden worden. Was bedeutet das für Davos?
Jede Hotelschliessung ist traurig, und vor allem die Schliessung eines derart bekannten und traditionsreichen Hauses – an dem ich übrigens jeden Tag auf dem Arbeitsweg vorbei gehe. Ins Belvedere müsste massiv investiert werden, und offenbar wird momentan ein Investor gesucht.
Sie werden nach Ostern ebenfalls schliessen – allerdings nur bis Juni. Wie werden Sie persönlich diese Zeit verbringen? Ausgedehnte Ferien?
Ich werde die Zeit für Werbung nutzen, um Kongresse zu akquirieren, um die Sommersaison vorzubereiten.
Und Ihre Angestellten: Können die bleiben, oder müssen Sie im Sommer neue Fachkräfte finden?
Die meisten Angestellten haben Saisonverträge. Aber etwa 15 bis 20 Leute im Management, der Administration, der Buchhaltung und so weiter sind permanent angestellt. Wir haben sehr gute Mitarbeitende und helfen diesen, sich weiterzuentwickeln.
Das Hard Rock Hotel Davos hat eine weitere Besonderheit: Man kann hier Residenzen kaufen, die dann als Suiten an Hotelgäste vermietet werden, wenn die Besitzer sie nicht selber nutzen. Wie viele der bereits existierenden 15 Residenzen im Hotel und in einem Nebengebäude sind schon verkauft?
Zehn sind schon verkauft; für zwei weitere sind wir momentan in Verhandlungen.
«Die Pläne für die Ein-, Zwei- und Dreizimmer-Appartements sind fertig. Wir werden die Residenzen 2025 bauen.»
In einem anderen Gebäude hinter dem Hard Rock Hotel, das gegenwärtig noch als Hostel betrieben wird, sind nochmals 17 Residenzen geplant. Wann werden diese realisiert?
Die Pläne für die Ein-, Zwei- und Dreizimmer-Appartements sind fertig. Wir werden die Residenzen 2025 bauen. Sie sind bereits im Verkauf; fünf haben schon Besitzer gefunden.
Polina Lazarou Die gebürtige Zypriotin Polina Lazarou leitet seit September 2023 das Hard Rock Hotel Davos. 1996 und 1997 liess sie sich an der Hotelfachschule Passugg GR (Swiss School of Tourism and Hospitality) ausbilden und sammelte erste Erfahrungen in der Schweiz. Anschliessend absolvierte sie an der Bournemouth University ein Bachelor-Studium in Hospitality Management. Danach war Polina Lazarou für Hotels in Zypern und internationale Hotelgruppen wie Intercontinental Hotels, Hilton Hotels und Wyndham Hotels & Resorts in verantwortungsvollen Positionen tätig. Zudem sitzt sie im Vorstand mehrerer Tourismusorganisationen. |