Zürich – Der Stiftungsrat der Roswitha Haftmann-Stiftung vergibt den mit 150’000 Franken höchstdotierten europäischen Kunstpreis an den amerikanischen Künstler Lawrence Weiner (*1942). Weiner gilt als besonders eigenständiger Vertreter der Konzeptkunst, die in den 1960er-Jahren aus dem Minimalismus entstand.
Lawrence Weiner, der heute in seiner Geburtsstadt New York und in Amsterdam lebt, gab das Studium der Literatur und Philosophie auf, um Künstler zu werden. In seiner ersten Einzelausstellung 1964 präsentierte er Shaped Canvases, Materialexperimente und Performances. In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre näherte sich Weiner dem konzeptuellen Kunstbegriff. Die Idee wurde zum Ausgangspunkt seiner Kunst und die Sprache als Trägermedium der Idee spielt von da an eine herausragende Rolle.
Sprache als Kunst
Anders als einige Weggefährten setzt Weiner die Sprache nicht zur Reflexion über Kunst ein, sondern als Kunst selber, die im Betrachter Empfindungen, Erinnerungen und Vorstellungen auslöst. Elliptische Phrasen, meist ohne Subjekt und Prädikat, bringt er in grafisch unverkennbarer Form in Museen, Galerien und im öffentlichen Raum an. Die Entscheidung über die Art der Ausführung seiner Ideen, so erklärt der Künstler, liegt beim Empfänger im Moment der Übernahme. Dieser interaktive Kommunikationsakt über einen Gegenstand in einer zuvor nicht angewandten Sprache ist das besondere in Weiners Werk. Die in multiplen Techniken wie Druckgrafik, Malerei, Handzeichnungen, Künstlerbücher, Videoarbeiten und Filmen ausgeführten Arbeiten müssen nicht einmal zwingend durch den Künstler selbst ausgeführt sein. Weiner genügt es, wenn die Idee nach seinen Vorstellungen umgesetzt wird.
Die Jury der Roswitha Haftmann-Stiftung anerkennt, dass Lawrence Weiner damit einen neuen Werktypus und auch einen neuen Rezipienten geschaffen hat. Seine Arbeiten geniessen Wertschätzung auf der ganzen Welt. Mehrmals wurde er an die Kasseler documenta eingeladen, an Biennalen in Venedig (zuletzt im Jahr 2013) und in São Paulo (2006). Weiner wurden Einzelausstellungen u.a. im Musée d’Art moderne de la Ville de Paris, im Stedelijk Museum, Amsterdam, im Museum Ludwig, Köln, im Walker Art Center, Minneapolis, dem Museum of Contemporary Art, Los Angeles, und dem Whitney Museum of American Art, New York, eingerichtet.
Auch an Harald Szeemanns legendärer Ausstellung «When Attitudes Become Form» in der Kunsthalle Bern (1969) war er beteiligt. Nach frühen Stipendien wie dem National Endowment for the Arts Fellowship (1976/1983) und dem Guggenheim Fellowship (1994) sowie ersten Auszeichnungen wie dem Wolfgang Hahn Preis (1995) und der Skowhegan Medal for Conceptual Art (1999), erhält Lawrence Weiner 2015 den Roswitha Haftmann-Preis.
Stiftung, Preis und Vergabe
Lawrence Weiner ist der fünfzehnte Künstler, dem Europas höchstdotierter Kunstpreis zuteil wird. Die Preisverleihung findet am 21. Mai 2015 im Kunsthaus Zürich statt. Die Auszeichnung geht auf die Initiative von Roswitha Haftmann (1924-1998) zurück. Seit 2001 vergibt ihre Stiftung den Preis an lebende Künstlerinnen und Künstler, deren Werk von überragender Bedeutung ist. Wer den Preis erhält, wird vom Stiftungsrat bestimmt. Ihm gehören die Direktoren des Kunstmuseums Bern, des Kunstmuseums Basel, des Museum Ludwig in Köln und des Kunsthaus Zürich an. Hinzu kommen Mitglieder, die vom Stiftungsrat berufen werden.