Schnipp, schnapp, Scherenschnitt

Schnipp, schnapp, Scherenschnitt

«Alpaufzug», 2012, Rita Hochuli-Klauser. (Foto: Schweizerisches Nationalmuseum)

Zürich – Scharfe Konturen, spannende Kontraste: Die Ausstellung «Scherenschnitte» im Landesmuseum Zürich zeigt bis zum 19. April 2015 einen faszinierenden Mikrokosmos aus Papier – geschaffen mit Schere und Messer in präziser Arbeit. Installative Werke, eigens für das Landesmuseum konzipiert, überführen das Medium des Papierschnittes zudem in neue Dimensionen.

Die historischen Zimmer des Landesmuseums werden zur Scherenschnitt-Landschaft, wo zeitgenössisches Schaffen dem historischen Scherenschnitt gegenübergestellt ist. Eigens für die Ausstellung konzipiert sind die Installationen der Künstlerinnen Camille Scherrer, Ana Strika und Marianne Vogler, die den herkömmlichen Kontext sprengen und dem Scherenschnitt eine bewegte sowie raumgreifende Dimension geben. Daneben sind über 100 Arbeiten, aus dem 2012 ausgeschriebenen Wettbewerb, von handwerklich beeindruckender Qualität zu sehen. Die Mitglieder des Vereins Freunde des Scherenschnitts waren aufgerufen, sich mit der Scherenschnitttradition auseinanderzusetzen und diese in einem künstlerischen Dialog zu erweitern, dabei wagten sie Neuinterpretationen oder variierten die traditionellen Sujets.

Schliesslich werden in Zürich auch die Arbeiten von Kindern gezeigt: Der Scherenschnitt-Wettbewerb, den der legendäre Pestalozzikalender ab 1920 ausgeschrieben hatte, war unter den Jungen bis in die Sechzigerjahre beliebt und brachte erstaunlich professionelle Scherenschnitte hervor. Unter den Teilnehmenden waren zum Beispiel Alois Carigiet (1902-1985) oder David Regez (1916-1984), dessen Papierarbeiten es 1964 an die Expo und später an internationale Ausstellungen geschafft haben.

Silhouettenfilme der Pionierin des Animationsfilms Lotte Reiniger (1899-1981) sind im Mini-Kino zu entdecken. Und auch das Schneiden live vor Ort kommt in der Ausstellung nicht zu kurz: Kinder können im offenen Atelier unter Anleitung kunstvoll und kreativ eigene Silhouettenbilder schaffen und professionelle Scheren- und Papierschneider lassen sich bei der Arbeit über die Schulter schauen.

Technik und Geschichte des Scherenschnitts
Johann Jakob Hauswirth gilt als der Vater des traditionellen Scherenschnitts mit dem Motiv des Alpaufzugs. Dieser Klassiker von 1858 ist neben den ebenfalls handwerklich herausragenden Arbeiten von Louis David Saugy und anderen denn auch in Zürich zu sehen. In der Ausstellung veranschaulichen diese historischen Werke die Geschichte eines Kunsthandwerks, das sich – von Asien her kommend – im Mitteleuropa des 17. Jahrhunderts ausgebreitet hat. Von Nonnen gefertigte Andachtsbilder und heraldischen Schnittbilder stehen am Anfang. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kommt das Silhouetten-Porträt in den Städten in Mode. Gleichzeitig fasst der Scherenschnitt auch in ländlichen Gebieten Fuss. Nur bedingt richtig ist der für alle aus Papier geschnittenen Werke verwendete Begriff «Scherenschnitt». Zeitgenössische Papierschneider arbeiten nicht mehr oder nur teilweise mit der Schere. Sie verwenden Cutter oder Skalpell und bezeichnen deshalb ihre Arbeiten auch als Cuts oder einfach als Schnitte. (Nationalmuseum/mc/pg)

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