Schweiz im Krisenjahr 2024 als «dramafreies» Reiseziel gefragt
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Neuenburg – Der Schweizer Tourismus ist im globalen Krisenjahr 2024 auf Wachstumskurs geblieben. Die Schweizer Hotels haben so viele Gäste wie noch nie beherbergt. Erneut sind mehr ausländische Touristen gekommen, allen voran aus den USA.
Die Zahl der Übernachtungen stieg um 2,6 Prozent auf 42,8 Millionen, wie das Bundesamt für Statistik am Donnerstag mitteilte. Die Branche übertraf damit den vorjährigen Rekord von 41,8 Millionen Übernachtungen.
Der helvetische Tourismus sei ein Exportschlager, die Schweiz sei in turbulenten Zeiten eine «No-Drama-Destination», sagte der Direktor der Marketingorganisation Schweiz Tourismus, Martin Nydegger, am Donnerstag vor Journalisten in Zürich.
Europäische Nachfrage schwächelt
Besonders stark war die Zunahme bei den ausländischen Touristen. Ihre Nachfrage erhöhte sich um 5,1 Prozent auf 22,0 Millionen Logiernächte. Auch das ist ein Rekord. Während die europäische Nachfrage etwa in Grossbritannien und Belgien wegen dem starken Schweizer Franken und der verhaltenen Konjunktur schwächelte, blieben die Fernmärkte der wichtigste Wachstumstreiber.
Das grösste absolute Plus aller Herkunftsländer steuerten die USA bei. Mehr als drei Viertel der zusätzlichen Logiernächte gingen auf das Konto von Amerikanern.
Die hohe Teuerung in den USA machte die Schweiz als Reiseziel attraktiver. Anders als in früheren US-Wahljahren hätten zudem amerikanische Gäste ihr Reiseverhalten 2024 nicht geändert, hiess es von Schweiz Tourismus.
Lohnende Zusammenarbeit mit Influencern
Früchte getragen hat auch die Zusammenarbeit mit jungen Influencern und Content Creators. Zuwächse gab es laut Nydegger auch in den Skidestinationen, in denen der US-Betreiber Vail Resorts länderübergreifende Skipässe anbot. Dazu zählen Andermatt-Sedrun-Disentis und Verbier.
Weniger Gäste aus den Golfstaaten
Auch die Nachfrage aus Asien – vor allem China und Indien – zog deutlich an (+7,4 Prozent). Trotzdem erreichte die asiatische Nachfrage bislang nicht das Vor-Corona-Niveau.
Weniger Gäste kamen überraschenderweise aus den Golfstaaten (-4,4 Prozent). Die zahlungskräftigen Touristen würden auch stark von asiatischen Destinationen umworben, sagte Nydegger.
Rekord mit Ansage
Das neue Hoch bei den Jahreszahlen hatte sich nach Rekorden in der Winter- und Sommersaison abgezeichnet. Die Buchungen waren mit +7,0 Prozent vor allem im Monat Dezember stark. 2024 wiesen alle Monate ausser April (-3,2 Prozent) und September (-1,1 Prozent) gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat einen Anstieg aus.
Inland-Nachfrage stabil
Die inländische Nachfrage blieb mit 20,9 Millionen Logiernächten ähnlich hoch wie im Vorjahr (+0,1 Prozent). Jede fünfte Logiernacht in einem Hotel in der Schweiz fand in der Region Zürich statt.
Am meisten profitieren vom Gästewachstum bei den absoluten Zahlen konnten 2024 die Region Zürich (+4,9 Prozent) gefolgt von Genf (+6,6 Prozent). Rückläufig war nach einem Corona-Hoch erneut das Tessin. In sechs der dreizehn Tourismusregionen, darunter Zürich, Bern, Luzern und Genf, wurden so viele Logiernächte gezählt wie seit über dreissig Jahren nicht mehr.
Auslastung weniger stark gestiegen
Vom Hoch bei den Übernachtungen profitierten nicht alle Hotels. Die Auslastung stieg im Schnitt nur 0,6 Prozent. Über das Jahr gesehen waren die Hotels durchschnittlich gerade mal zu 50 Prozent ausgelastet, wie Hotelleriesuisse-Präsident Martin von Moos sagte. Hotels würden darum unter anderem versuchen, die Saisons zu verlängern.
Für 2025 erwartet Schweiz Tourismus erneut ein leichtes Wachstum, nicht zuletzt wegen mehreren Grossveranstaltungen. Dazu zählen der Eurovision Song Contest (ESC) in Basel und die Frauenfussball-Weltmeisterschaft in mehreren Städten. Die Nachfrage in Basel wegen des ESC war laut Zürich Tourismus allerdings zuletzt nicht so hoch wie ursprünglich erwartet.
Schweiz Tourismus will beim Wachstum nicht nur «Frequenzen» jagen, wie es hiess. Hintergrund ist unter anderem Kritik wegen zeitweise zu vieler Touristen an einzelnen Orten.
Die Organisation will eigenen Angaben zufolge mit gezieltem Marketing künftig den Ganzjahrestourismus fördern, die Gästeströme besser lenken, die Aufenthaltsdauern verlängern, nachhaltige Angebote fördern und an der Tourismusakzeptanz vor Ort arbeiten. (awp/mc/pg)