Schweizer Reisebranche stagniert im Sommer
Zürich – Die Schweizer Reisebranche hat in diesem Sommer stagniert. Umsätze und Passagierzahlen seien auf dem Niveau des Vorjahres geblieben, teilte der Schweizer Reise-Verband (SRV) am Mittwoch in einem Communiqué mit.
Bremsklotz war die Fussball-Europameisterschaft: Die Leute seien zu Hause geblieben, weil sie die Schweizer Spiele hier schauen wollten, sagte SRV-Präsident Martin Wittwer vor den Medien in Zürich. Dann sei die Schweiz ausgeschieden, was zusammen mit dem verregneten Juni zu einem deutlichen Buchungsschub geführt habe.
Dank diesem Schlussspurt habe die Badeferiensaison nach einem verhaltenen Start noch das Niveau von 2023 erreicht. «Lediglich die Badeferienbuchungen im unteren Preissegment waren leicht rückläufig», sagte Wittwer.
Der Nachholbedarf nach der Coronapandemie schwäche sich weiter ab. Die Menschen würden die Preise wieder mehr vergleichen und schauten beispielsweise, was eine Reise in Deutschland koste nach dem Motto: «Was ist der beste Deal?»
Das Geschäft mit den Badeferien im Sommer ist nach wie vor das umsatzstärkste der gesamten Branche. Und so belegten die klassischen Badeferiendestinationen Spanien, Griechenland und die Türkei die vordersten Plätze bei den meistgebuchten Zielgebieten. Als zusätzliche Trends hätten sich in diesem Sommer Skandinavien und Nordamerika etabliert, hiess es.
Verschiebungen in den Herbst
Zudem sei eine leichte Buchungsverlagerung in den Herbst festzustellen, was der Saison einen Buchungseingang über demjenigen von 2023 beschere, schrieb der Verband: «Für dem Herbst erwartet der SRV für die Branche ein Umsatzwachstum von 5 bis 10 Prozent über Vorjahr.»
«Der Herbst gilt bereits seit Jahren als Verlängerung der Sommersaison – dieses Jahr zeigt sich die Verlagerung in diese Jahreszeit etwas aufgeprägter, wenngleich einige Reisende ihre Ferien aufgrund der hohen Temperaturen im Mittelmeerraum direkt in die etwas kühleren nördlichen Gefilde verlegt haben», erklärte SRV-Präsident Martin Wittwer.
Die Topdestination für Herbstferien sei Ägypten vor der Türkei und Mauritius. Das sei überraschend, sagte Wittwer. Trotz der Kriege in Nahost seien Reisen in das Land am Nil gefragt. «Da sehen wir keinen Einbruch.»
Starkes Winterhalbjahr in Sicht
Zudem zeichne sich ein starkes Winterhalbjahr ab trotz der angespannten weltpolitische Lage und einer erhöhten Preissensibilität der Kunden. Der Eingang langfristiger Buchungen für das Winterhalbjahr liege über den Erwartungen.
«Die Preise bleiben im Vergleich zu 2023 stabil und die Flugpreise auf der Langstrecke werden tendenziell sogar günstiger. Dies könnte mitunter ein Grund sein, weshalb die Reisebranche deutlich mehr Buchungen auf der Fernstrecke verzeichnet», erklärte der SRV. Im Trend liegen vor allem die Malediven, Thailand, sowie die Karibik.
Mehr Reisen pro Jahr
In einer eigenen Umfrage bei den Endkunden stellte der Reiseversicherungsanbieter Allianz Partners fest, dass die Reisetätigkeit der Bevölkerung zwar weiter zugenommen, aber noch nicht das Vor-Coronaniveau erreicht habe. Im Schnitt würden die Leute 2,6 längere Reisen (ab drei Übernachtungen) in diesem Jahr unternehmen. Im Vor-Coronajahr 2019 waren es noch 2,8 Reisen gewesen, wie Allianz-Partners-Schweiz-Chef Pia Bodner sagte.
Auch bei den Kurztrips (weniger als 3 Übernachtungen) sei mit 2,2 Ausflügen in diesem Jahr das Vor-Pandemielevel von 2,6 Kurzreisen noch nicht geschafft.
16 Prozent der Bevölkerung würden mehr als 4 mal pro Jahr längere Ferien machen, sagte Bodner: «Dagegen bucht über ein Fünftel der Bevölkerung gar keine längeren Ferien.»
Nach dem Corona-Einbruch steigen die Menschen auch wieder mehr ins Flugzeug. 40 Prozent gaben an, in die Ferien zu fliegen. Im Vorjahr waren es lediglich 36 Prozent gewesen. Vor der Pandemie hatte aber über die Hälfte der Leute ein Flugzeug benutzt.
SRV: Regulierung gegen Übertourismus
Zum Aufregerthema Übertourismus, das in diesem Sommer fette Schlagzeilen gemacht hatte, sagte Wittwer: «Es braucht Regularien für einen kontrollierten Tourismus an bestimmten Destinationen. Welche davon zielführend, massvoll und umsetzbar sind, hängt von den jeweiligen Rahmenbedingungen in der Destination ab.»
Die Massnahmen könne man nicht aus der Schweiz heraus bestimmen. Das müsse vor Ort geschehen. Bei den Reisenden ist Übertourismus fast kein Thema. Nur knapp 3 Prozent der Reisebüros haben angegeben, dass Übertourismus von den Kunden während der Beratung zur Sprache komme.
Zwar seien die Kunden sensibilisiert, und die Reiseberater könnten im Gespräch die Destinationswahl zu einem gewissen Teil steuern, sagte Wittwer: «Aber die typischen Overtourismus-Ziele liegen nach wie vor ganz oben in der Gunst vieler Reisenden.» (awp/mc/pg)