Basel – Virginie Sistek (Jg 1999), Absolventin des Masterstudiengangs Art Nature Gender an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel, gewinnt den Helvetia Kunstpreis 2024.
Der Kunstpreis, der dieses Jahr zum einundzwanzigsten Mal verliehen wird, versteht sich als Förderpreis für junge Kunstschaffende und ist mit einem Preisgeld von 15’000 Franken sowie der Möglichkeit einer Soloausstellung an der LISTE Art Fair Basel dotiert.
Virginie Sistek ist Absolventin des Masterstudiengangs Art Nature Gender an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. In ihrer künstlerischen Praxis untersucht Virginie Sistek soziale Phänomene und die daraus resultierenden Machtverhältnisse. Einen besonderen Fokus legt die Künstlerin auf die Thematik der Domestikation. Ausgehend von konkreten Situationen beschäftigt sie sich in ihren Installationen, Performances und Videos mit der Frage, was Konsens oder Uneinigkeit zwischen Individuen schafft.
Sie interessiert sich für Formen der Unterwerfung und deren Selbstlegitimierung im Laufe der Zeit und untersucht Möglichkeiten des Widerstands gegen diese Automatismen. Virginie Sistek gelingt es, dem Publikum drängende gesellschaftliche Themen mit Humor und Empathie zu vermitteln. Sie versteht es, Geschichten zu erzählen, die einerseits durch ihre gesellschaftliche Relevanz und andererseits durch ihre Subversion überzeugen.
Eine Geschichte über Dominanzverhältnisse und ihr unvermeidliches Scheitern
Für die Ausstellung Plattform24, die jährlich einen Einblick in das Schaffen junger Künstlerinnen und Künstler in der Schweiz gibt, hat Virginie Sistek die raumfüllende Installation «Resurrection Ranch» geschaffen. Sie beschäftigt sich darin kritisch mit der Domestizierung und Ausbeutung von weiblichen Pferden in der sogenannten Blutfarm-Industrie. Dort werden Stuten in beinahe ununterbrochener Zwangsträchtigkeit gehalten, um verschiedene Hormone zu extrahieren, die sowohl für die Nutztierhaltung als auch in der Humanmedizin eingesetzt werden.
Mit dem Titel der Arbeit verweist sie auf die zyklische Dynamik der Wiederholung, die diesen Machtverhältnissen innewohnt. Zwei grossformatige Skulpturen aus Holz und Sackleinen symbolisieren die Körper von Stuten, die sich sperrig in den Ausstellungsraum stellen und den Besuchenden durch ihre Monumentalität einen klaren Bewegungsablauf durch den Raum vorgeben. An den rechteckigen Pferdekörpern hängen kleine pillenförmige Objekte, die an Blut saugende Pferdefliegen erinnern. Diese stilisierten Bremsen weisen auf den Konflikt zwischen künstlicher und natürlicher Extraktion hin. Das Werk kann nie in seiner Vollständigkeit und als Ganzes betrachtet, sondern nur in Teilen und im Prozess des Hindurchschreitens erfasst werden: Hier ein unförmiges Stoffbein mit Jeans-Hufen, dort ein Pferdeschweif aus Wellkarton.
Das Gefühl der Orientierungslosigkeit wird zusätzlich durch den Klang von schwirrenden Fliegen gesteigert und schafft so eine Art Umkehrung der Dominanzverhältnisse zwischen Mensch und Tier. Virginie Sistek versteht ihr Werk als eine Art Hommage an die Erinnerung an diese durch ihre Fruchtbarkeit ausgelaugten Stuten. Im weiteren Sinne auch an die durch Ausbeutungssysteme erschöpften Körper.
Jury des Helvetia Kunstpreises 2024
Die diesjährige Jury des Helvetia Kunstpreises besteht aus Peter Bläuer (LISTE Art Fair Basel), Stefanie Gschwend (Kunstmuseum und Kunsthalle Appenzell), Nadia Veronese (Kunstmuseum St.Gallen), Maja Wismer (Kunstmuseum Basel) und Nathalie Loch (Fachstelle Kunst Helvetia).
Starthilfe als Teil des Kunstengagements
Helvetia Versicherungen fördert mit dem Kunstpreis junge Nachwuchskünstlerinnen und -künstler zu Beginn ihrer beruflichen Karriere. So richtet sich der Helvetia Kunstpreis an Diplomandinnen und Diplomanden oder Absolventinnen und Absolventen von Schweizer Fachhochschulen im Bereich «Bildende Kunst und Medienkunst». Mit dem Preis ist eine doppelte Starthilfe verbunden: Einerseits erhält Virginie Sistek ein Preisgeld von 15 000 Franken, andererseits die Möglichkeit, sich mit einer Soloausstellung an der Kunstmesse LISTE Art Fair Basel 2025 einem internationalen Fachpublikum und einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Seit ihrer Gründung 1996 widmet sich die LISTE der aktiven Förderung von Galerien und Künstlerinnen und Künstlern einer jungen und mittleren Generation.
20 Jahre Helvetia Kunstpreis
Der Helvetia Kunstpreis ist ein wesentlicher Teil des Kunstengagements der international tätigen Versicherungsgruppe. Der Preis wird seit 2004 jährlich verliehen. Zuerst unter dem Namen Nationale Suisse Kunstpreis, seit dem Zusammenschluss von Helvetia und Nationale Suisse nun als Helvetia Kunstpreis. Helvetia, die auch Kunst versichert, verfügt über eine der bedeutendsten Sammlungen zeitgenössischer Schweizer Kunst mit einer 80-jährigen Geschichte. Die Sammlung konzentriert sich auf Malerei, Zeichnungen und Fotografie. Seit 2015 verfügt Helvetia ausserdem mit dem Helvetia Art Foyer am Hauptsitz in Basel über einen eigenen, für die Öffentlichkeit zugänglichen Ausstellungsraum. In diesem werden entweder thematische Ausstellungen, die Werke der eigenen Sammlung einschliessen, oder Solopräsentationen von Künstlern und Künstlerinnen gezeigt.
Plattform24
10.-14. April 2024
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag: 14 – 17 Uhr, Sonntag: 11 – 17 Uhr
Kunstmuseum Appenzell, Unterrainstrasse 5, 9050 Appenzell
www.plattformplattform.ch