Wakkerpreis 2021 an die Waadtländer Gemeinde Prangins
Zürich – Die Gemeinde Prangins liegt mitten im stark prosperierenden Raum zwischen Lausanne und Genf. Dem anhaltenden Siedlungsdruck begegnet die Gemeinde mit gezielten Investitionen in die Pflege und Aufwertung der bestehenden baukulturellen und landschaftlichen Qualitäten und schafft damit Mehrwerte für alle. Hierfür zeichnet sie der Schweizer Heimatschutz mit dem diesjährigen Wakkerpreis aus.
Der Wirtschaftsraum rund um den Genfersee wächst seit Jahrzehnten. Dieser Aufschwung hat sich in die Landschaften und Ortsbilder eingeschrieben und beste Böden verschwinden lassen. Bund und Kantone haben inzwischen starke Massnahmen gegen die fortschreitende Zersiedelung ergriffen und wollen die Bautätigkeit auf die Städte und ihre näheren Agglomerationen konzentrieren.
Klare Wachstumsvorgaben gelten auch für Prangins, einer Nachbargemeinde der prosperierenden Kleinstadt Nyon. Als Teil des Ballungsraums «Grand Genève» soll ihre Wohnbevölkerung bis 2030/40 um rund 30% zunehmen.
Die Gemeinde Prangins vertritt seit rund 15 Jahren die Haltung, dass eine gelungene Siedlungsentwicklung nicht die Erfüllung von Mengenvorgaben bedeutet, sondern eine fundierte Auseinandersetzung mit den vorhandenen Qualitäten des Ortes verlangt und gezielte Strategien erfordert.
Im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) ist Prangins als Ortsbild von nationaler Bedeutung aufgeführt. Als besonders schützenswert gilt nicht nur das Schloss aus dem frühen 18. Jahrhundert – heute der Westschweizer Sitz des Schweizerischen Nationalmuseums –, sondern ebenso der historische Ortskern mit den umliegenden Parkanlagen und Freiräumen.
Die Gemeinde Prangins hat sich entschieden, ihre Siedlungsentwicklung auf diesen historisch gewachsenen Werten aufzubauen, diese zu stärken und weiterzuentwickeln. Ziel ist es, das erwartete Bevölkerungswachstum mit einer hohen Siedlungsqualität zu verbinden. Dabei verfolgt die Gemeinde eine aktive Investitionspolitik. Für diese aussergewöhnlichen Leistungen würdigt der Schweizer Heimatschutz die Gemeinde Prangins mit dem diesjährigen Wakkerpreis.
Drei Argumente für den Wakkerpreis 2021 an die Gemeinde Prangins:
- Auf landschaftliche und baukulturelle Werte aufbauen und diese zugleich stärken
Die weitere Raumentwicklung der Gemeinde Prangins basiert auf einem respektvollen Umgang mit den historisch gewachsenen Freiräumen und Gebäuden. Mit einer klaren Entwicklungsstrategie fördert sie städtebauliche Eingriffe, die eine angemessene Siedlungsentwicklung gegen innen ermöglichen. Dieses präzise Vorgehen schont und stärkt die landschaftlichen und baukulturellen Werte und schafft die Grundlagen, um ein vorgegebenes Bevölkerungswachstum von 30% in zehn bis zwanzig Jahren mit einer hohen Siedlungsqualität zu verbinden. Zugunsten des Erhalts des wertvollen Ortsbildes, der Kulturlandschaften und der Parkanlagen scheut sich Prangins nicht davor, auf bebaubares Kulturland zu verzichten. So ist es der Gemeinde gelungen, Sichtachsen wie diejenige zwischen Schloss und See freizuhalten, Naherholungsgebiete wie das «Vallon des Fossés» zu aktivieren und wertvolles Kulturland für die Landwirtschaft zu erhalten. - Belebung des historischen Dorfkerns fördert Identität und gesellschaftlichen Zusammenhalt
Die Gemeinde stärkt die ortsspezifische Identität durch eine sorgfältige Pflege und Weiterentwicklung vorhandener räumlicher Qualitäten. Vielfältige Angebote sowie Investitionen in öffentliche Freiräume aktivieren und beleben den Dorfkern als Zentrum des Gemeindelebens. Im Gemeindehaus – dem ehemaligen Bauernhof des Schlosses – sind unter einem Dach die Verwaltung, der Polizeiposten, ein kleines Lebensmittelgeschäft und eine Krippe vereint. Gegenüber befindet sich im ehemaligen Ofengebäude heute eine Bäckerei. Die «Auberge communale» wurde umfassend renoviert und als Restaurant und Hotel mitten im Dorf reaktiviert. Auch erfolgte die Anlage eines neuen Dorfplatzes, die «Place de la Broderie». Daran angrenzend entstanden 16 Genossenschaftswohnungen in einer denkmalgeschützten Häuserzeile. Mit der geplanten Neugestaltung des Dorfplatzes findet die Aufwertung des Ortskerns seinen vorläufigen Abschluss. - Qualität dank politischem Willen, Kontinuität und Fachwissen
Klare Strategien und Haltungen auf Gemeindeebene ermöglichen eine qualitative und ortsspezifische Entwicklung. Das breit abgestützte Vorgehen erlaubt es, den von aussen auferlegten Wachstumsvorgaben proaktiv zu begegnen. Der kontinuierliche Beizug von externen Fachleuten aus Praxis und Theorie wirkt unterstützend und hilft mit, mögliche Massnahmen zu analysieren und zu präzisieren. Durch öffentliche Wettbewerbsverfahren wird in Prangins in eine qualitätsvolle Zukunft investiert. Dank diesem Vorgehen entstand etwa der geglückte Neubau der Schulanlage «Des Morettes». (Schweizer Heimatschutz/mc/ps)