Bern – Hannah Höch (1889–1978) gehört zu den Erfinderinnen und Erfindern der modernen Collage und gilt als bedeutende Protagonistin der Kunst der 1920er-Jahre. Das Zentrum Paul Klee widmet der deutschen Künstlerin vom 10. November 2023 bis 25. Februar 2024 eine umfangreiche Ausstellung, die erstmals einen Fokus auf die enge Verwandtschaft von Höchs Schaffen mit dem avantgardistischen Film legt. Rund um Hannah Höch entfaltet sich ein einzigartiges Panorama der Avantgarde.
«Filme auf Papier»
Im Fokus der Herbstausstellung im Zentrum Paul Klee stehen rund 60 Fotomontagen Hannah Höchs. Die Arbeiten reichen von ihren Anfängen im Expressionismus über die Zeit mit den Berliner Dadaisten bis hin zu den surrealistischen Tendenzen nach dem Zweiten Weltkrieg. In 15 thematisch angelegten Räumen werden die Werke in ihrem zeitgeschichtlichen Kontext gezeigt und Meisterwerken von Pablo Picasso, Kurt Schwitters, Fernand Léger oder Wassily Kandinsky gegenübergestellt. Darunter befinden sich 15 Werke aus der Sammlung des Kunstmuseum Bern.
Zwölf historische Filmprojektionen, darunter solche von Hans Richter und László Moholy-Nagy, mit denen Höch befreundet war, verdeutlichen die Nähe ihres Werks zum avantgardistischen Film. Höch selbst sah ihre Fotomontagen «im Grenzbereich des Films». Die Ausstellung zeigt die Faszination auf, die das Kino der Zwischenkriegszeit auf die Kunst ausübte, und bietet so ein mediales Erlebnis der avantgardistischen Bilderwelt der 1920er-Jahre.
«Montage» und die Macht der Bilder
Als eine der ersten Künstlerinnen und Künstler überhaupt machte Höch die mediale Welt und die Macht der Bilder zum Gegenstand ihrer Kunst. Ihre Werke komponierte sie aus Ausschnitten von Zeitungen und Zeitschriften – eine Technik, die sie ab 1918 entwickelte und der sie bis an ihr Lebensende treu blieb.
Als einzige Frau zählte sie zum Kreis der Berliner Dadaisten. Im Geiste des Neubeginns und des rasanten technologischen Fortschritts nach dem Ersten Weltkrieg «montierten» diese Künstlerinnen und Künstler Werke aus den Bruchstücken der Massenkultur. Ihre Bilder bezeichneten sie dementsprechend nicht als Collagen, sondern als «Montagen». Höchs frühe Fotomontagen im Geiste des Dadaismus reflektieren mit viel Ironie gesellschaftliche oder politische Themen wie die Macht der Massenmedien, das Verhältnis von Mensch und Maschine und Geschlechterrollen. Meist bleiben ihre Werke – trotz ihres erzählerischen Charakters – rätselhaft und widersprüchlich und entziehen sich einer eindeutigen Interpretation oder gar Auflösung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich Höch vermehrt dem Surrealismus zu und stellte die Natur ins Zentrum ihres Schaffens. Abstrakte, gegenständliche und figurative Motive fliessen in diesen Arbeiten zu traumartigen Landschaften zusammen. Der Garten ihres Hauses, in dem sie den Zweiten Weltkrieg in «innerer Emigration» überlebte, wurde zu einer ihrer wichtigsten Inspirationsquellen. (ZPK/mc/ps)