ZPK: Lebendiger Boden tönt – Sounding Soil
Bern – Sounding Soil macht die Vielfalt an Leben unter unseren Füssen hör- und erlebbar. Am 20. Oktober wird die Klanginstallation am Zentrum Paul Klee in Bern erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Kunstprojekt ist auch ein inter- und transdisziplinäres Forschungsprojekt zum besseren Verständnis von Bodenökosystemen. Biovision will mit dem Projekt auf die zunehmende Gefährdung unserer Lebensgrundlage, den Boden, aufmerksam machen.
«Aus reiner Neugier habe ich vor zwei Jahren unsere Sensoren, die wir zur Aufzeichnung von Geräuschen in Bäumen dienen, einmal in den Boden gesteckt», erklärt Marcus Maeder, Klangkünstler, Forscher und Kompo-nist an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), die Anfänge. «Das Resultat war eindrücklich: Die Vielfalt der Klangwelt unter dem Boden ist gewaltig.» Mittlerweile ist daraus ein inter- und transdisziplinäres Forschungs- und Kunstprojekt entstanden, in dem die Akustik von Bodenökosystemen untersucht wird. Bereits wurden in der Schweiz über 20 Bodenflächen aufgenommen. Von intensiv und extensiv genutzten Landwirtschaftsflächen, über Alpweiden bis zu Waldböden. Zu hören sind u.a. Bodentiere wie Springschwänze, Hundertfüsser, Käfer, Regenwürmer, Spinnen und Heuschrecken. Die Klanginstallation macht jetzt diese Töne erstmals allen Interessierten zugänglich. Premiere von Sounding Soilist am Samstag 20. Oktober im Zentrum Paul Klee in Bern.
Angesichts von Klimawandel und einer wachsenden Erdbevölkerung wird die Nahrungsmittelsicherheit immer wichtiger. Gesunder Boden ist als Grundlage für die Ernährung und Artenvielfalt entscheidend. Für Sounding Soilwurden deshalb spezielle Aufnahme-und Messmethoden entwickelt, mit dem Ziel, Aktivität und Biodiversi-tät in Böden künftig einfach und schnell akustisch messen und beurteilen zu können. Daran sind beispielsweise Bauern interessiert, die vom Boden leben.
Fläche an gesunden Böden in der Schweiz nimmt dramatisch ab
«Im Gegensatz zur Luftverschmutzung oder sauberem (Trink)Wasser sind die Menschen kaum darauf sensibilisiert, worauf ihr Essen wächst», sagt Sabine Lerch, Projektleiterin bei der Stiftung Biovision für ökologische Entwicklung. Tatsächlich hat die Fläche an gesunden Böden in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten dramatisch abgenommen. Durch intensive Bewirtschaftung, den Einsatz von Mineraldüngern und chemischen Pflanzenschutzmitteln sowie durch Verdichtung verlieren Böden ihre Fruchtbarkeit. Erste Ergebnisse von Sounding Soilzeigen einen Unterschied zwischen extensiv und intensiv bewirtschafteten Böden. Während Aufnahmen aus Bioböden dank zahlreicher Bodenlebewesen einen vielfältigen Klangteppich liefern, herrscht in einem konventionellen Zuckerrübenfeld oder einem Acker für Industriekartoffeln Stille.
Der Verlust an gesunden Böden wirkt sich auch negativ in Bezug auf den Klimawandel aus, da nachhaltig bewirtschaftete Böden eine höhere Widerstandskraft haben und sie für neue klimatische Bedingungen anpassungsfähiger sind und ausserdem helfen, Treibhausgase zu reduzieren. «Die Sensibilisierung der Bevölkerung für gesunden, natürlichen Boden muss deshalb jetzt verstärkt werden», formuliert Sabine Lerch das Anliegen von Biovision. Deshalb wird im Frühling 2019 die nächste Stufe von Sounding Soillanciert: Ein Citizen Science Projekt mit Beteiligung der Öffentlichkeit (interessierte Personen nehmen mit Leih-Geräten selber Bodengeräusche auf), durch das die Landkarte der
Bodentöne der Schweiz und damit die Erkenntnisse über die akustische Beschaffenheit der Böden erweitert werden.
Sounding Soilist ein Kooperationsprojekt der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK, der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, der Nationalen Bodenbeobachtung NABO an der Agroscope, der ETH Zürich und der Stiftung Biovision für ökologische Entwicklung. (ZPK/mc/ps)