Zurück zum Anfang: Freitauchen
Christian Redl beim Freitauchen unter Eis.
Soma Bay – Die Eleganz liegt in der Einfachheit. Das ist im Design, der Architektur und der Mode ein immer wieder mit Erfolg angewandtes Prinzip. Dank Christian Redl habe ich dieses Universalprinzip auch beim Tauchen entdeckt.
Als absoluter Anfänger hat man den Vorteil der Unvoreingenommenheit auf seiner Seite. Ich begann erst letztes Jahr mit dem Tauchen, habe nach acht Tauchgängen erstmals einen Rebreather verwendet (AP Evolution) und hatte das Glück, nach 26 Tauchgängen an der Soma Bay Christian Redl, dem mehrfachen Weltmeister im Zeit-, Tief- und Strecken-Freitauchen, zu begegnen. Was beim Tagesausklang als lockeres Gespräch begann, entwickelte sich zu einem faszinierenden Grenzgang. Christian wettete, dass er bei jedem am Tisch die Zeit, die er in der Lage ist, den Atem anzuhalten, innerhalb eines Tages mit ein wenig Training und einigen Tipps mindestens verdopple.
Vom gelernten Nichtschwimmer und Panik-Atmer zum Apnoe-Afficionado?
Immer begeisterungsfähig für Neues, wenn auch skeptisch durch das Wissen um die eigenen Grenzen, ging ich auf das Angebot ein. Sollte es klappen, gewinne ich viel Freiraum und Sicherheit beim Tauchen, falls es misslingt verliert Christian eine Runde Bier am Abend. Am nächsten Tag treffen sich die Apnoe-Taucher in spe am Hotelpool. Zuerst gibt es einige Erklärungen, weshalb der Kopf nicht zulässt, was der Körper eigentlich könnte, wozu der Atemreflex gut ist und wie er zumindest ein wenig nach hinten geschoben werden kann. Dann einige Atem- und Entspannungsübungen. Dann geht’s in den Pool für die erste Zeitmessung im Atemanhalten mit Gesicht unter Wasser. Mit einiger Überwindung und Anstrengung komm ich nach 1 Minute und 20 Sekunden prustend hoch. Als gelernter Nichtschwimmer (geboren wird man nämlich als Schwimmer) und Panik-Atmer lande ich damit in etwa im unteren Mittelfeld der Teilnehmenden.
Das Meer ist meine (vorübergehende) Heimat
Beim zweiten und dritten Durchgang, diesmal unter Anwendung der von Christian Redl gezeigten Techniken schiebt sich diese Grenze bis zu für meine Begriffe mirakulöse 2 Minuten 40 Sekunden. Damit ist seine Wette schon mal gewonnen. In der Mittagspause verbinde ich seine Übungen mit meinen Erfahrungen aus der Zen-Meditation. Man holt sich Hilfe, wo man kann. So gerüstet geht es in die nächste Runde. Der erste Aufwärm-Versuch liegt nur unwesentlich über dem ersten des Morgens, der zweite geht etwas besser. Beim dritten und entscheidenden Versuch funktionieren Christians Technik und Zen hervorragend. Mit seiner Unterstützung vom Pool-Rand her tauche ich auf und schaue auf die Stoppuhr: 4 Minuten und 1 Sekunde! Ich bin fassungslos und zugleich von einer tiefen Befriedigung durchdrungen. Noch nie hat jemand in so kurzer Zeit einen so fundamentalen Wandel bei einem meiner Verhaltensmuster bewirkt. Mit dem Wissen, auch bei nur der Hälfte dieser Leistung zwei Minuten mit angehaltener Luft überleben zu können, wird jedem Tauchgang im 20-Meter-Bereich eine Dimension der Sicherheit über alle Materialkomponenten hinaus verliehen. Das Meer ist meine Heimat (zumindest kann es teilweise wieder dazu werden).
Das Gehirn muss lernen, was der Körper schon weiss
Danach geht es vom Hotel-Pool mit Anzug, Maske, Schnorchel, Flossen und Gewicht ausgerüstet ins Meer (Haus-Riff an der Soma Bay). Hier zeigt uns Christian die korrekte Abtauchtechnik Ziel ist es, entspannt auf 10 Meter abzutauchen, zu wenden und ebenso entspannt wieder aufzutauchen. Was der Körper weiss, ist im Kopf noch nicht ganz verankert. Zwar komme ich problemlos auf die 10 Meter runter, doch entspannt ist anders. Nach zwei Versuchen löst sich aber auch das und das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten verströmt auch im Gehirn die richtige Botschaft: Nichts ist bedrohlich, es hat genügend Luft im Körper für die kurze Zeit eines solchen Tauchganges.
Das wichtigste Gerät beim Gerätetauchen: Wir selbst
Christian hat seine Wette furios gewonnen. Einige weitere Kollegen haben die Vierminuten-Grenze geknackt, alle haben sie ihre Leistung mindestens verdoppelt. Nebst der tiefen persönlichen Befriedung und dem unglaublichen Gefühl, eine persönliche Grenze weit verschoben zu haben, bleibt für mich die Frage: Weshalb wird eine solch grundlegende Fähigkeit nicht ganz zu Beginn des Tauchens allen Schülern vermittelt? Aus meiner Sicht wäre dies ebenso wichtig wie der korrekte Umgang mit den Tauchgeräten: Das wichtigste und entscheidende Gerät sind wir selbst. Wenn wir kein Vertrauen und wenig Kenntnis unseres Körpers und unserer Leistungsfähigkeit haben, limitieren wir uns auf fundamentale Weise selbst. Das macht dann auch das beste Gerät nicht mehr wett. Mit den durch Christian vermittelten Fähigkeiten wird das Tauchen sicherer, entspannter und gewinnt zusätzlich an Schönheit. Und das alles an einem Tag.
Informationen zu Christian Redl, seinen Projekten und seinem Kursangebot: http://www.christianredl.com
Der Autor:
Helmuth Fuchs ist ein begeisterter Anfänger, der erst 2010 das Tauchen für sich entdeckte. 30 Tauchgänge, PADI AOWD, Advanced Freediver, IANTD Recreational Rebreather.