Winterthur – Selbstständig zu sein bedeutet Unabhängigkeit, Gestaltungsfreiheit – und eine Menge Verantwortung. Wer kein fixes Gehalt, keine Lohnfortzahlung und keine Personalabteilung im Rücken hat, trägt sein Risiko selbst. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten wird deutlich: Unternehmerisches Handeln braucht Mut, Fachkompetenz und eine vorausschauende Risikostrategie.
Dazu zählt nicht nur die unternehmerische Seite – sondern auch die persönliche finanzielle Stabilität.
Ohne Netz und doppelten Boden? Eine trügerische Freiheit
Inhaber kleiner und mittlerer Betriebe arbeiten oft über Jahre ohne krank zu sein, sind selten abwesend und verzichten bewusst auf überflüssige Fixkosten. Versicherungen gelten vielen als unnötige Belastung, Notfallplanung als theoretisch. Aber was passiert, wenn der Unternehmer selbst plötzlich nicht mehr einsatzfähig ist? Krankheit, Unfall, familiäre Krisen oder psychische Erschöpfung lassen sich nicht aus dem Alltag heraushalten – auch nicht bei bester Organisation.
Besonders betroffen sind:
- Einzelunternehmer ohne Vertretung
- Betriebe mit stark personenbezogenen Geschäftsmodellen
- Gründer in der Wachstumsphase ohne stabile Rücklagen
- Selbstständige ohne Zugang zur beruflichen Vorsorge
Finanzielle Resilienz ist mehr als Liquidität
Ein betriebswirtschaftlich stabiles Unternehmen zu führen, heisst nicht automatisch, im Krisenfall abgesichert zu sein. Denn finanzielle Resilienz umfasst auch die persönliche Zahlungsfähigkeit im Ausfall, die Tragfähigkeit von Sozialversicherungen, den Zugriff auf betriebliche Ressourcen – und die Vorbereitung auf Szenarien, die nicht planbar sind.
Ein zentraler Baustein in der Risikoabsicherung ist der Schutz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Inhaber ausfällt, wird oft weder Umsatz noch Lohn generiert. Die Betriebsausgaben und private Fixkosten laufen aber davon unbeeindruckt weiter.
Unfallversicherung – oft übersehen, wirtschaftlich entscheidend
Während Unternehmer verpflichtet sind, für ihre Arbeitnehmer eine Unfallversicherung abzuschliessen, verzichten Einzelunternehmer häufig auf die freiwillige Unfallversicherung nach UVG – und verlassen sich auf die Krankenkasse. Ein Fehler: Denn während Angestellte durch das Unfallversicherungsgesetz geschützt sind, müssen sich Selbstständige aktiv selbst versichern, um Leistungen wie Taggelder, Spitalaufenthalt oder Invalidenrente zu erhalten.
Wer mindestens acht Stunden pro Woche arbeitet, kann sich freiwillig versichern lassen – mit Leistungen vergleichbar zu denen von Mitarbeitenden. Die Prämien sind abhängig von Branche, Alter und Leistungsumfang, aber steuerlich meist als Geschäftsaufwand abziehbar. Für viele Unternehmer ist dies ein zentraler Baustein, um kurzfristige Einkommensausfälle abzufedern und langfristige wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.
Weitere Säulen für finanzielle Robustheit
Neben der Unfallversicherung gehören weitere Instrumente in ein unternehmerisches Risikokonzept:
- Krankentaggeldversicherung: Sie deckt Einkommensausfälle bei längerer Krankheit und sichert den Lebensunterhalt.
- Berufliche Vorsorge (BVG): Wer sich in einer AG oder GmbH selbst anstellt, kann in eine Pensionskasse einzahlen – mit steuerlichen Vorteilen und Altersabsicherung.
- Vermögensschutz & Rücklagenbildung: Liquiditätsreserven auf privaten und geschäftlichen Konten bieten Handlungsspielraum bei unerwarteten Ausfällen.
- Vertretungsplanung: Auch eine organisatorisch klare Regelung, wer im Notfall übernimmt, erhöht die betriebliche Belastbarkeit.
Absicherung ist strategisch, nicht emotional
Viele Unternehmer zögern bei Versicherungsfragen, weil sie sich nicht mit hypothetischen Risiken beschäftigen möchten oder negative Erfahrungen mit unnötigen Produkten gemacht haben. Doch der Unterschied liegt im Ansatz: Nicht alles versichern, sondern gezielt relevante Risiken bewerten und priorisieren.
Absicherung ist keine Schwäche, sondern Teil unternehmerischer Verantwortung – gegenüber sich selbst, dem Betrieb und allen Beteiligten.
In einer dynamischen Wirtschaft wird Resilienz zur Währung. Nicht nur Innovationskraft und Geschwindigkeit zählen – sondern auch die Fähigkeit, Rückschläge zu überstehen. Unternehmer, die ihre Risiken realistisch einschätzen und strukturiert absichern, verschaffen sich hierdurch Flexibilität: Sie können schneller reagieren, in der Krise stabil bleiben und Wachstumschancen besser nutzen. (ax/mc/hfu)