Zeit ist bekanntlich Geld, deshalb tun Unternehmen gut daran, sie effizient zu nutzen. Dank moderner Technologien lässt sich heute viel Zeit einsparen. Daraus resultieren einige Vorteile – zum Beispiel ein schnellerer Produktionszyklus und besserer Kundenservice. Ein entscheidender Faktor dafür ist die Digitalisierung. Im Mittelpunkt aller Bestrebungen um mehr Zeiteffizienz sollten jedoch immer die Mitarbeiter stehen. Denn Zeitersparnis allein führt nicht automatisch zur Verbesserung von Abläufen.
Kultur und Wirtschaft sind stark von Wachstumsstrategien geprägt: schneller, effizienter und immer individualisierter. Heute produziert man kaum noch auf Vorrat, sondern on demand nach tatsächlichem Bedarf. Dafür werden die Prozessabläufe stetig optimiert, sodass sich in kürzerer Zeit bessere Produkte fertigen lassen. Durch digitale Lösungen lassen sich diese Prozesse immer zeitsparender managen. Sie führen außerdem zu einer Entlastung der Mitarbeiter – vor allem in den Bereichen Produktion und Lagerlogistik. Früher wurden in Lagern schwere Lasten von Hand gehoben und transportiert. Heute benutzt jedes Unternehmen dafür Maschinen. Diese reichen von einfachen mechanischen Geräten wie Transportwagen und Rollern bis hin zu smarten, vollelektronischen Fahrzeugen, die ohne Kraftaufwand bedienbar sind. Manche von ihnen transportieren Waren sogar autonom.
Auch die meisten Bürotätigkeiten sowie die Bewältigung großer Datenmengen sind mit dem Eintritt ins digitale Zeitalter deutlich einfacher geworden. In den Büros werden nicht mehr Tonnen von Papierdokumenten hin und her transportiert und archiviert, sondern per Mausklick digital geschrieben, versendet, gespeichert und aufgerufen. Die körperliche Belastung hat sich ebenfalls verringert, die Prozessabläufe sind insgesamt einfacher und damit schneller umsetzbar geworden.
Big Data, Produktion just in time und optimale Lieferketten sind entscheidende Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Ein Schritt zu ihrer Sicherstellung ist die Digitalisierung möglichst vieler Abläufe – mit dieser vierten industriellen Revolution, kurz Industrie 4.0, beschäftigt sich inzwischen die Mehrheit der Schweizer Unternehmen. Die Umsetzung vollzieht sich zwar langsam, doch der Aufwärtstrend ist unverkennbar. Dem digital.swiss Index zufolge haben gegenwärtig 29 Prozent der Schweizer Unternehmen auf digitale Prozesse umgestellt. 2016 waren es noch 20 Prozent.
Zeitersparnis vs. Zeitmanagement
Zeitersparnis allein reicht jedoch nicht aus, um erfolgreich und marktfähig zu bleiben. Der deutsche Soziologe Hartmut Rosa warnte bereits vor einigen Jahren, dass die zunehmende Beschleunigung unter Umständen wieder in Zeitverlust resultieren könne. In einem Interview mit der WirtschaftsWoche beschreibt er anschaulich, wie man die eingesparte Zeit unterm Strich wieder verliert. Sein Beispiel: Statt eines Briefes, der per Post versendet wird, schreibt man heute eine E-Mail. Bürotätige benötigten für zehn Briefe circa eine Stunde. Heute ist dies dank Internet und IT in der Hälfte der Zeit machbar. Die Zeitersparnis erscheint zunächst enorm, sie geht jedoch durch Mehrarbeit wieder verloren. Der Grund: Die modernen Arbeitsprozesse sind weniger aufwendig, was dazu führt, dass Vorgesetzte mehr Leistung erwarten – einfach, weil mehr möglich ist. Statt zehn E-Mails werden nun zwanzig verschickt. Die Angestellten schaffen in der gleichen Zeit zwar mehr Arbeit, sie sind dadurch aber erschöpfter. Dies führt immer häufiger zu einem Burnout, die Mitarbeiter sind für längere Zeit nicht einsatzfähig. Die Folge ist letztlich, dass Unternehmen ineffizient werden und im schlimmsten Fall nicht mehr konkurrenzfähig sind.
Es entsteht also ein Teufelskreis, wenn Unternehmen lediglich auf Zeitersparnis, nicht aber auf den richtigen Umgang mit der gewonnenen Zeit achten. Zeitersparnis war zunächst der treibende Faktor der Digitalisierung. Heute möchte man mit der Umstellung auf digitalisierte Arbeitsprozesse jedoch weit mehr erreichen, denn Mitarbeiter- und Kundenorientierung, Prozessoptimierung und Kosteneffizienz zählen ebenfalls zu den Zugpferden der digitalen Neuorientierung.
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